

Review
Thrash Metal
Kritik: Warbringer - „Wrath And Ruin“
So muss Thrash Metal im 21. Jahrhundert klingen.
VON
Tobias Tißen
AM 09/03/2025
Artikel teilen:
Trash Metal? Müll-Metal? Nicht? Ach, THRASH Metal, nicht Trash Metal. Ist das nicht diese Mucke aus den 80ern, die sich seitdem genauso wenig weiterentwickelt hat wie der Denim-Style ihrer Fans?
Halt, stopp! Wer sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit dem Genre beschäftigt hat, wird wissen, dass es innerhalb des Thrash Metal schon die ein oder andere Weiterentwicklung gab. Kreator loten ihre Grenzen seit vielen Jahren immer weiter aus, junge Bands wie Dust Bolt verleihen ihrem fest im Thrash verwurzelten Sound immer mehr moderne Facetten.
Und auch Warbringer aus Kalifornien geben sich längst nicht mehr mit dem Genre-Einmaleins zufrieden. „War Without End“ (2008) und „Waking Into Nightmares“ (2009) waren zwar noch rohe Abrissbirnen, die sich stilistisch eng an Slayer und Exodus orientierten. Doch spätestens mit „Worlds Torn Asunder“ (2011) fand die Band ihre eigene Identität und wagte sich an komplexere Strukturen und ausgefeilteres Songwriting.
Besonders „Woe To The Vanquished“ (2017) markierte einen Wendepunkt: Härter, düsterer und technischer als je zuvor, integrierten Warbringer hier Blastbeats, Black-Metal-Elemente und hymnische Midtempo-Passagen in ihren Sound. Mit „Weapons Of Tomorrow“ (2020) verfeinerten sie diesen Stil weiter, arbeiteten mit epischen Songstrukturen und fügten eine spürbare atmosphärische Tiefe hinzu.
Fünf Jahre hat die Band um Frontmann John Kevill uns jetzt auf neues Material warten lassen. Aber das Warten hat sich gelohnt! „Wrath And Ruin“ zeigt allen Genrekollegen deutlich, wie Thrash 2025 klingen muss: Perfekt ausbalanciert zwischen Tradition und Evolution.
Jo, „Wrath And Ruin“ ist Thrash Metal!
Schon der Opener „The Sword And The Cross“ setzt die Marschrichtung von „Wrath And Ruin“ fest: Warbringer halten an ihrer unbändigen Aggression fest, inszenieren sie aber – wie auch schon auf den beiden Vorgängeralben – komplexer und vielschichtiger. Der Song beginnt mit bedrohlichem Dröhnen und dem Sound einer frisch gewetzten Klinge, die aus der Scheide gezogen wird. Dann beginnt der Sturmangriff: Donnernde Drums geben Geleit, bevor ein kompromissloses Riffgewitter über die Hörer hereinbricht. John Kevill spricht dabei aus der Rolle eines fanatischen Herrschers, der seine Macht nur mit dem Schwert zu festigen weiß: „From shattered thrones I rise / With fire in my eyes“.
Insgesamt erinnert der Opener – vor allem auch durch seine hymnische Midtempo-Bridge – stark an „Weapons Of Tomorrow“. Und auch das folgende, als erste Single ausgekoppelte „A Better World“ knüpft da an: Hochgeschwindigkeits-Thrash trifft auf melodische Leads, die aber nie die wütende Energie des Songs bändigen. Inhaltlich geht es ebenso zornig weiter: „I walk decaying cities of a world upon the brink / I watch the earthly creatures, one by one become extinct”, zeichnen Warbringer das ultra-pessimistische Bild einer sterbenden Welt. Und werden dann endgültig dystopisch: Das lyrische Ich in „Necromancer“ ist eine Kombination aus dämonischem Totenbeschwörer und allmächtiger künstlicher Intelligenz. „A god of cyberspace / I destroy, I create / As your kind created me”, keift John Kevill kühl. Hypnotische Tremolo-Leads, schroffe Riffs und Drums, die wie entfernt marschierende Kriegsmaschinen dröhnen, verstärken das Gefühl einer dystopischen, entmenschlichten Zukunft.
Auch „The Jackhammer“ macht seinem Namen alle Ehre und setzt auf pure, kompromisslose Zerstörung. Es ist eine der direktesten Nummern des Albums: Mit ihren rasenden Snare-Blast-Attacken, galoppierenden Riffstruktur und einem abruptem Wechsel in eine schleppende, aber immer wieder von Gitarren-Gefrickel aufgelockerter Schwere wäre sie Ende der 1980er Jahre zur absoluten Genre-Hymne avanciert.
Warbringer stapfen durch düstere Klangwelten
Die zweite Albumhälfte startet mit „Through A Glass, Darkly“ wieder experimenteller. Warbringer greifen hier auf das epische Songwriting zurück, das sie seit „Woe To The Vanquished“ immer wieder einfließen lassen – und tauschen Thrash-Raserei gegen unheimlichen Stimmungsaufbau. Verschleppte Drums, melodische Leads, gespenstische Akkordklänge und fauchend-leidende Vocals lassen den Song voll ins Mark treffen.
Falls die Thrash-Puristen unter euch jetzt Angst haben, dass es so weitergehen könnte: Keine Sorge! Schon mit „Strike From The Sky“ lassen die US-Amerikaner alle Experimente hinter sich und prügeln wieder den höchsten Gang rein. Ein effektiver, weil simpler Song mit Gangshouts, der so auch auf „War Without End“ hätte stehen können.
Ein unerwartetes Highlight ist „Cage Of Air“, das düster mit unheilvoll klingenden Gitarren und leisem Gemurmel beginnt, sich plötzlich mit komplexen Gitarrenarrangements und hartem Geshoute zu einer donnernden Abrissbirne hochschraubt, bevor es zum großen Finale noch einmal in sich zusammenbricht, nur um sich direkt mit hymnischem Drumming und markerschütterndem Geschreie wieder aus der Asche zu erheben und mit einem wilden Noise-Sturm über den Hörer hinwegzufahren.
Den Abschluss bildet „The Last Of My Kind“, das eine fast melancholische Note anschlägt. Hier zeigen sich Warbringer noch ein letztes Mal von ihrer vielseitigen Seite: melodische Death-Metal-Riffs treffen auf thrashige Geschwindigkeit, bevor das Album in einem wuchtigen Finale ausklingt.
Foto: Alex Solca / Offizielles Pressebild
Warbringer News
Wrath And Ruin
Künstler: Warbringer
Erscheinungsdatum: 14.03.2025
Genre: Thrash Metal
Label: Napalm Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- The Sword And The Cross
- A Better World
- Neuromancer
- The Jackhammer
- Through A Glass, Darkly
- Strike From The Sky
- Cage Of Air
- The Last of My Kind

Warbringer News
More Reviews
