Review
Pop-PunkPunkrock
Kritik: The Offspring - „Supercharged”
Was ist in 2024 eine gesunde Erwartungshaltung gegenüber einer Band wie The Offspring? Wer sich bei dieser Fragestellung unsicher ist, ...
VON
Malin Jerome Weber
AM 08/10/2024
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Was ist in 2024 eine gesunde Erwartungshaltung gegenüber einer Band wie The Offspring? Wer sich bei dieser Fragestellung unsicher ist, findet nun eine eindeutige Antwort. Bevor wir uns allerdings daran setzen, führen wir uns kurz zu Gemüte, was Sänger und Gitarrist Dexter Holland über ihr neues Album zu sagen hat: “Wir wollten, dass diese Platte von Anfang bis Ende pure Energie ausstrahlt! Deshalb haben wir die Scheibe auch ‘Supercharged’ genannt. […] Ich habe das Gefühl, dass wir noch nie so gut geklungen haben! Wir rocken und headbangen schon seit Monaten dazu! Und wir können es kaum erwarten, dass ihr es hört!”. Es ist wirklich nichts Selbstverständliches, diesen Enthusiasmus von einer Band mit einer so langen Historie zu hören.
Das Rad erfinden die Kalifornier mit ihrem elften Langspieler wirklich nicht neu. Dass ihr 40. Karrierejahr aber immer noch verdammt viel Freude macht, zeigen allein die vielen direkten oder indirekten Referenzen, mit denen sie Vorbildern und Wegbegleiter:innen Tribut zollen. Egal ob Singalongs im Stile von Blink-182, Metalriffs aus dem Metallica-Lehrbuch oder ein eindeutiges Zitat des Kansas-Klassikers “Carry On My Wayward Son” – all diese Späße bekommen auf “Supercharged” einen Platz. Allerspätestens Momente wie der Olé-Part in “Come To Brazil” schießen zwar komplett den Vogel ab, aber auch so weit über den Cringe hinaus, dass sie wieder ihre Daseinsberechtigung kriegen. So nimmt man die schwankende Qualität der Tracks für die ungeheure Spielfreude der Band in Kauf.
The Offspring liefern ein solides Album ab
Und trotzdem schaffen sie es mit Songs wie der Vorabsingle “Light It Up” auch in ihrer Komfortzone zumindest in Ansätzen zu alter Form aufzulaufen. Auch die metallischeren Momente der Platte wie “Hanging By A Thread” zünden irgendwo mehr, als man eigentlich zugeben möchte. So bleibt am Ende zumindest genug Ausgleich für die generischen Momente, die sich aber immer noch auf einem soliden Grundlevel abspielen und die keinen eingefleischten Fan der Band je abschrecken würden. Selbst unbeholfene Synths oder Sprachsamples (“Looking Out For #1”, “Make It All Right”), kitschige Strings (“OK, But This Is The Last Time”) oder nervige Singalong-Refrains (“Get Some”) werden daran nicht viel rütteln und sind der Band auch ein Stück weit zu verzeihen.
Um wieder zum Anfang dieser Review zurückzukommen: Die Erwartungshaltung muss dafür stimmen. Wer mit Hits in der Qualität von “Self-Esteem” oder “The Kids Aren’t Alright” rechnet, wird enttäuscht sein. Aber alleine die Einordnung in den musikhistorischen Kontext macht bereits klar, dass sich The Offspring nicht mehr am Peak ihrer Karriere befinden. Eine Tatsache, die auch ihnen selbst bewusst ist. Dass sie sich davon aber nicht die Laune verderben lassen, ist wiederum sehr inspirierend. Gerade durch den Umstand, dass der harte Kern der Band seit wenigen Jahre schon rund um die 60 kreist. Am Ende ist es fast schon egal, ob man das Ergebnis so zelebriert wie die Kalifornier oder nicht: Denn “Supercharged” will auch nicht mehr sein, als es ist – und das ist okay so.
Foto: Daveed Bonito / Offizielles Pressefoto
Supercharged
Künstler: The Offspring
Erscheinungsdatum: 11.10.2024
Genre: Pop-Punk, Punkrock
Label: Concord Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Looking Out For #1
- Light It Up
- The Fall Guy
- Make It All Right
- Ok, But This Is The Last Time
- Truth In Fiction
- Come To Brazil
- Get Some
- Hanging By A Thread
- You Can’t Get There From Here
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