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HardcoreMetalcore

Kritik: The Hope Conspiracy - "Tools Of Oppression / Rule By Deception"

Der Klang dieser Sirenen wird auf ewig im Gedächtnis bleiben. Menschen rennen im Ascheregen panisch in Richtung des nächstgelegenen Unterschlupfes. ...

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Der Klang dieser Sirenen wird auf ewig im Gedächtnis bleiben. Menschen rennen im Ascheregen panisch in Richtung des nächstgelegenen Unterschlupfes. Nicht einmal ein Bruchteil wird eben diesen tatsächlich auch erreichen. Es steht außer Frage – das Ende der Menschheit legt sich wie ein Teppich unaufhaltsam über diese furchteinflößende Szenerie. Das, was The Hope Conspiracy mit „Those Who Gave Us Yesterday“ und „The Prophets and Doom“ bereits zu Beginn akustisch wie seelisch auftürmen, bekommen sie auch binnen der folgenden 30 Minuten in Hinsicht auf Stimmung und Atmosphäre nicht wieder eingerissen. 

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The Hope Conspiracy FEIERN LAUTSTARK ihre WIEDERKEHR

Eines ließen The Hope Conspiracy a.k.a. HopeCon tatsächlich nie vermissen: ein gehöriges Maß an Ideologie. Sogar die schwärzeste ihrer Art. Die Schneise, die Bands wie Modern Life Is War, Integrity und Blacklisted seinerzeit schlugen, beackert die aus Boston stammende Band nach knappen 18 Jahren Pause unbeirrt weiter. Was damals im Vorprogramm von Snapcase und Co noch als modern galt, ist zwei Dekaden später trotz eines üppigeren, auf Hochglanz polierten Soundgewandes schon so sehr alte Schule, dass man schon froh sein darf, HopeCon nicht auch heute noch auf MySpace zu finden. 

DIE BAND SCHWÖRT AUF IHRE BEWÄHRTE MUSIKALISCHE FORMEL

Was der Band um Schreihals Kevin Baker anno 2024 fehlt, ist das musikalische Überraschungsmoment, das das Quartett seinerzeit zu einem Hardcore-Mythos hat werden lassen. Das eröffnende „Those Who Gave Us Yesterday“ besticht in der Überleitung zum Refrain durch Gitarrenleads, die auch ein denkbar einfaches Songkonstrukt recht ausgefeilt und atmosphärisch wie vielschichtig wirken lassen. In „A Struggle For Power“ reicht in gerade mal zwei Minuten Spielzeit die gewöhnliche Powerchord-Peitsche, die Jared Chavelson in Hochgeschwindigkeit durch die Lüfte sausen lässt. 

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Mit „Shock By Shock“ lassen es HopeCon dann mal ungewohnt doomig zugehen, bevor mit „A Dying Nation“ die Grasnarbe im MidTempo um geschlagene 10 cm angehoben wird. Am intensivsten wirken Baker und Gefolge genau während eben dieser mit einer weiteren Gitarrenspur versehenen Passagen, welche die schwarze Seele dieser Band in Reinform offenbaren. „Broken Vessels“ und „The West Is Dead“ sind in dem Zusammenhang recht erwartbare Kompositionen, die – zumindest im ersten Fall – ein wenig nach akustischem Füllstoff anmuten.

Nicht viel anders ergeht es uns mit „Confusion/Chaos/Misery“, wobei The Hope Conspiracy im zweiten Akt ein Break aus dem Boden zaubern, das sich gewaschen hat. War es auf „Death Knows Your Name“ noch Dwid Hellion, der den Gesangspart zum musikalischen Höhepunkt beitrug, so lässt man im Fall von „The West Is Dead“ die Gitarren nach einer fulminanten Steigerung für sich sprechen. „A Specter Looms“ ist dann ein sechsminütiges Feuerwerk, mit dem The Hope Conspiracy würdig wie effektvoll schließen. 

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HOPECON LASSEN DIE HOFFNUNG AUS PRINZIP VERMISSEN

Kevin Baker ist von Natur aus negativ. Eben dieser könnte sich in unseren Breitengraden wahrscheinlich nicht einmal daran erfreuen, dass uns die Klimaerwärmung in gar nicht allzu langer Zeit zu einem gar mallorquinischen Klima verhelfen wird. Vielmehr haben wir es mit einem Menschen zu tun, der seine Fenster selbst im tiefsten Winter bei Nacht noch mit Kartons auskleidet, weil ihm selbst das zu hell ist. 

Egal, ob nun mit All Pigs Must Die, mit seinen viel zu früh verblichenen Bars oder aber mit The Hope Conspiracy: sein Geist scheint wenig Schattierungen zu kennen. The Hope Conspiracy rechnen mit der Fehlbarkeit der menschlichen Spezies und ihrem verdienten Gang zum Schafott ab. Baker ist einfach fertig mit seinen Mitmenschen. Und „Tools Of Oppression / Rule By Reception“ das neuzeitliche Zeugnis einer Band, die vom künstlerischen Ansatz her in der Moderne nicht mehr um jeden Preis mitmischen möchte, aus dem tiefsten Dunkel ihrer Seele jedoch noch immer viel zu sagen hat, und das lyrisch wie musikalisch ebenso authentisch wie vor 20 Jahren. 

Was auf dezenteste Weise stört, ist die grundsätzliche Negativität aller Songs, die nicht mehr lediglich eine enttäuschte Seele, sondern vielmehr schon ein ehernes Prinzip hinter eben dieser Einstellung vermuten lassen. Und das trägt nun einmal nicht unmittelbar zur Echtheit bei. 

Foto: Chrissy Beale-Baker / Offizielles Pressebild

The Hope Conspiracy News

ALBUM
Tools Of Oppression / Rule By Deception
Künstler: The Hope Conspiracy

Erscheinungsdatum: 31.05.2024
Genre:
Label: Deathwish Inc.
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Those Who Gave Us Yesterday
  2. The Prophets and Doom
  3. A Struggle for Power
  4. Live in Fear
  5. Shock by Shock
  6. Of a Dying Nation
  7. Confusion/Chaos/Misery
  8. Broken Vessels
  9. The West is Dead
  10. The Specter Looms
The Hope Conspiracy Tools Of Oppression Rule By Deception
The Hope Conspiracy Tools Of Oppression Rule By Deception
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FAZIT
Ach komm schon, Kevin! Die Welt ist nicht ganz so schwarz, wie Du sie uns malen möchtest. Baker ist nichtsdestoweniger ein absoluter Ehrenmann, der auf analoge Lebensführung zu schwören scheint, daher würde in seinem speziellen Fall auch ein Digital Detoxing kaum zu einer waschechten Stimmungsaufhellung beitragen. Früher wurde ein solches Monument gern einmal als Brüllaffenmusik betituliert, wobei The Hope Conspiracy stets der Königsklasse eben dieser Gattung angehörten. Und das tun sie trotz ausbleibender Moderne mit „Tools Of Oppression / Rule By Reception“ noch immer. Auch wenn sich der schier umwerfende Zauber längst vergangener Tage heuer nur recht selten offenbart.

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