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Kritik: Starset - "Horizons"
Unendliche Weiten, düstere Dystopien, Raum und Zeit: Im künstlerischen Kosmos von Starset gibt es keine Grenzen, denn hier ist unser ...
VON
Phuong Ly Dao
AM 18/10/2021
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Unendliche Weiten, düstere Dystopien, Raum und Zeit: Im künstlerischen Kosmos von Starset gibt es keine Grenzen, denn hier ist unser Horizont erst der Anfang.
Mit „Horizons“ führt die Konzeptband rund um Frontmann Dustin Bates endlich die unglaubliche Saga fort, die seit ihrer Debüt-LP „Transmissions“ 2014 weltweit Millionen von Fans begeistert. Nun kommt ihr viertes Studioalbum mit satten 16 Tracks daher, die uns im cineastisch fesselnden Signature-Sound der Kombo erneut in eine von Technologie entfremdete und gespaltene Welt entführen.
In altbekannter Storyteller-Manier ebnet uns “Unveiling The Architecture” als mysteriöser Instrumental-Opener den Weg in ein abwechslungsreiches, einzigartiges Hörerlebnis.
Starset verpasst uns eine LP der Kontraste
Müsste man die Platte stilistisch mit einem plakativen Wort charakterisieren, wäre es wohl “kontrastreich”. Denn die Geschichte, die erzählt wird, ist ein Abenteuer, und in ein solches wird man beim Hören auch hineingezogen.
Hier treffen Retro-Synthesizer (“Alchemy”) auf futuristische Elektro Beats (“Devolution”), heftige Riffs (“Icarus”) auf prominent platzierte Streicherparts (“Something Wicked”), verzerrte Vocal-Samples auf Dustins nahezu isolierte Stimme. Auf die überraschend poppig-sanften Emotionen in “Otherworldly” folgen die treibenden Riffs von “Icarus”. Dustins lautstarke Screams in “Devolution” stoßen auf die sanfte Streicher-Elektro-Mélange, die uns an Fan-Favorites “Monster” und “My Demons” erinnert.
Doch nicht nur albumübergreifend, sondern auch innerhalb einzelner Songs findet man diese erstaunliche Varianz wieder. “Endless Endeavor” beispielsweise spielt zeitgleich mit heavy Gitarren und filmreif leuchtenden Klängen.
The story continues
Mit cineastischen In- und Outros, wie wir sie bereits aus vorigen LPs kennen, werden die Tracks zu einem eindrucksvollen Gesamtwerk verknüpft. Eingebettet in einer übergreifend schönen, stellaren Bildsprache nimmt es uns inhaltlich über die “Starset Society” mit in eine gesellschaftliche Dystopie.
Dabei handelt es sich um die fiktive Backstory der Band, auf welcher die bisherigen Konzeptalben basieren und in der die Menschheit durch die Technologie der sogenannten B.M.I. gespalten wird. Eine Ära, in der wir uns bereits im vorangegangenen Album “Divisions” befanden und deren Schattenseiten in ihrem neuesten Werk noch deutlicher zum Vorschein kommen.
Jedoch ist es nicht nur die Kunst des Geschichtenerzählens, sondern auch die des raffinierten Songwritings, die Starset zudem auf “Horizons” eindrucksvoll meistern.
Vor allem Track 14 “Tunnelvision” sticht hier besonders heraus: Clevere Violinenakzente, ein mitreißend treibender Beat, catchy Bass-Rythmen und überraschend satte Gitarrenriffs – in einem einzigen Song! Und das auch noch so kurz vor Schluss der Scheibe? Powermove.
Filmreife Feels mit Twist
Beim ersten Hören möge man meinen, bei der Platte handle es sich um einen typischen Starset-Actionstreifen für die Ohren:
Epische Build-Ups und satte Breakdowns wie in “Icarus” und “Devolution” als Analogon zu spektakulären Stunts, träumerische Harmonien und herzergreifend eingängige Refrains wie in “Disappear” für die obligatorische Prise Romantik. Schließlich die Extraportion Adrenalin, aufgebaut durch rasende Beats, orchestrale Spannungskurven und mysteriöse Voice-Overs.
Lauscht man jedoch ein paar weitere Male wird man einen subtilen Genre-Shift entdecken: “Horizons” deckt nicht nur die Action oder Sci-Fi Sparte ab, sondern würde auch super ins Thriller-Regal der Videothek passen.
Im Vergleich zu vorigen Alben erleben wir nämlich vermehrt düstere Melodien und Intermezzi, das Outro von “Alchemy” erinnert an einen Albtraum mit Zirkusflair. Passend zu den schaurig schönen Vibes kann man getrost sagen, dass es sich hierbei um den bis dato härtesten Longplayer der Band handelt.
Schließlich werden in “Something Wicked” noch einmal alle Register gezogen, vom dramatischen Piano-Intro und Gänsehaut-Vocals über ballernde Drums bis hin zu intensiven Screams. Und das Finale? Ein bedrohlicher Cliffhanger, denn in Referenz auf Macbeths unheilvolles Schicksal verabschiedet uns hier im Flüsterton das Shakespeare-Zitat “Something wicked this way comes” hinein die bodenlose Spannung auf die nächste Transmission.
Foto: Starset / Offizielles Pressebild
Horizons
Künstler: Starset
Erscheinungsdatum: 22.10.2021
Genre: Alternative, Rock
Label: Spinefarm (Universal Music)
Medium: CD, Vinyl, etc
- UNVEILING THE ARCHITECTURE
- BREACH
- OTHERWORLDLY
- ICARUS
- EARTHRISE
- LEAVING THIS WORLD BEHIND
- DEVOLUTION
- ANNIHILATED LOVE
- ALCHEMY
- DISAPPEAR
- THIS ENDLESS ENDEAVOR
- SYMBIOTIC
- DREAMCATCHER
- TUNNELVISION
- INFECTED
- SOMETHING WICKED
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