

Review
MetalcoreProgressive
Kritik: Spiritbox - "Tsunami Sea"
Ein packendes und mitreißendes Klangerlebnis.
VON
Celina Schlömer
AM 09/03/2025
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In Vancouver Island türmte sich ein Tsunami auf, der am letzten Freitag mit voller Wucht auf den Rest der Welt losgelassen wurde. Doch keine Angst, es kann vorweg beruhigt werden: „katastrophal“ oder „tragisch“ beschreiben den jüngsten Spiritbox-Release „Tsunami Sea“ nicht – „mitreißend“ trifft es eher.
Der Hype um Spiritbox ist kaum umgänglich. Nach ihrem Debütalbum „Eternal Blue“ im Jahre 2021, zwei darauffolgenden EPs und etlichen Chartplazierungen sowie Grammy-Nominierungen später, bringt das kanadische Quartett nun ihre Sophomore-Platte „Tsunami Sea“ an den Start. Von den insgesamt elf Tracks konnten vier davon bereits in Form von Singleauskopplungen belauscht werden. Mit einer Gesamtlänge einer knappen Dreiviertelstunde werden die Hörer*innen dabei auf eine Reise in Sängerin Courtney LaPlantes Kopf geschickt und mit Themen wie Depressionen, Isolation und mentaler Gesundheit konfrontiert. Gleichzeitig kann das Album als eine Hommage an die Heimat der Band „Vancouver Island“ verstanden werden.
Spiritbox reißen uns in die Weiten des musikalischen Meeres
Eingeleitet wird der Longplayer durch den Track „Fata Morgana“. Neben noisy Gitarren, LaPlantes Screams und einem mächtig klingenden Sound, fallen vor allem Industrial-Einflüsse auf. Stilmittel wie diese werden dabei im Verlauf des LP immer wieder aufgegriffen. An anderen Stellen sind das beispielsweise Breakbeats oder Synth-Sounds, wie sie in Songs wie „Keep Sweet“ und „Crystal Roses“ auffallen und an EDM oder UK Garage erinnern. Neben den vielreichen musikalischen Einflüssen wird auch das wortwörtliche Thema des Albums stilistisch immer wieder durch Elemente wie der Imitation von Meeresrauschen aufgegriffen.
Der zweite Song „Black Rainbow“ behält das Tempo und die Energie des Openers bei, was für einen natürlich fließenden Übergang der Songs sorgt. Einen direkten Zusammenhang mit dem Film „Beyond the Black Rainbow“ (2010) von Panos Cosmatos bestätigt LaPlante in einem Interview mit Zach Sang. Regisseur Cosmatos teilt sich dabei nämlich nicht nur die gleiche Heimat wie die Band, sondern versteht damit verbunden auch die Problematik der kulturellen Isolation zwischen Vancouver und Vancouver Island. Diese Thematik wird unter anderem im Track selbst und im weiteren Verlauf der Platte behandelt.
Die Single „Perfect Soul“ bricht ein wenig mit der vorher aufgebauten Wut. LaPlantes Vocals sind sanfter und es wird ein Klangteppich aus Gitarren und Synths geschaffen, der letztlich durch einen Breakdown mit beißenden E-Gitarren unterbrochen wird.
Der Titeltrack der Platte kommt mit zunächst softeren Riffs, übereinander liegenden Vocals und einem fast schon melancholischen Klang daher und bereitet auf die sirenenartigen Vocals in „A Heaven With Two Faces“ vor. Letzteres überzeugt mit schönen Melodien und einem abwechslungsreichen Instrumental, wobei Screams und Gitarren komplementär zueinander laufen und der Kontrast des schnellen Wechsels zwischen LaPlantes klarer Stimme und Screams einen Spannungsbogen aufbauen.
Ganz viel Liebe fürs Detail
Ein großes Lob kann an den Detailgrad des Albums ausgesprochen werden. Wer gerne tiefer einsteigen möchte, kann jeden Song einzeln interpretieren und im Rahmen der Thematik „Tsunami Sea“ einordnen. So lässt sich eine Geschichte erzählen, bei denen die ersten beiden Tracks das Seebeben imitieren, sich darauffolgend der Tsunami auftürmt und schließlich mit „Soft Spine“, einem der härtesten Tracks des Albums, ausbricht.
Andere Metaphern sind songintern zu finden. Beispielsweise passt nicht nur der Titel “Ride The Wave“ perfekt zur Thematik, sondern wird auch musikstrukturell sowie lyrisch aufgegriffen. Auf zunächst ruhige, unheilvolle Gitarrenriffs und Vocals baut sich der Song in der Bridge immer weiter auf bis er sich, eingeleitet durch die Worte „‘til I break“, in einem fett klingenden Breakdown auflöst.
Erneut doppeldeutig endet das Album mit dem Track „Deep End“. Hier werden ein letztes Mal preschende Gitarren mit melodischen Vocals gemischt und ein insgesamt zwar emotionaler, aber auch hoffnungsvoller Sound erschaffen.
Wem die Laufzeit zu kurz ist, kann das Album auch direkt nochmal auflegen, denn auch der Übergang zurück zum Opening Track klingt grandios. Spiritbox schaffen es somit einen Kreis zu zeichnen, der trotz wiederkehrender musikalischer Themen nicht langweilig wird.
Foto: Jonathan Weiner / Offizielles Pressebild
Tsunami Sea
Künstler: Spiritbox
Erscheinungsdatum: 07.03.2025
Genre: Metalcore, Progressive
Label: Pale Chord/Rise Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Fata Morgana
- Black Rainbow
- Perfect Soul
- Keep Sweet
- Soft Spine
- Tsunami Sea
- A Haven With Two Faces
- No Loss, No Love
- Crystal Roses
- Ride The Wave
- Deep End

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