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Kritik: Slipknot - "We Are Not Your Kind"

Es ist so weit. Der 9. August 2019. Slipknot veröffentlichen ihr langerwartetes sechstes Album „We Are Not Your Kind“. Kaum ...

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Es ist so weit. Der 9. August 2019. Slipknot veröffentlichen ihr langerwartetes sechstes Album „We Are Not Your Kind“. Kaum eine Veröffentlichung wurde so sehnsüchtig erwartet. Doch Slipknot beweisen auf diesem Album, dass sie noch immer voller Überraschungen stecken.

Slipknot legen direkt atmosphärisch los

„Insert Coin“ beginnt mit klarem harmonischer Struktur über die verzerrte Synthesizer im Stranger Things Stil gelegt wurden. Alles in allem baut dieses kurze Intro eine ziemlich große Spannung auf, die ähnlich wie das Intro einer Netflix-Serie funktioniert. Mit „Unsainted“ hauen Slipknot dann direkt den allerersten Hit raus. Der eingesetzte Chor kreiert eine bedrückende und unangenehme Stimmung, während Corey Taylor den Refrain bereits bekannt macht und sich die anderen Instrumente Stück für Stück dem Gesamten fügen. Was folgt, ist das typische Slipknot-Geknüppel, das insbesondere durch die perkussive Arbeit an immenser Power gewinnt.

„Unsainted“ ist das was „Duality“ auf „Subliminal Verses“ war, „Unsainted“ ist das „Psychosocial“ von „We Are Not Your Kind“ und mit Sicherheit ein Song, den es fortan auf jedem Slipknot-Konzert zu hören geben sollte. Der Grund dafür ist einfach. Ähnlich wie „Duality“ und „Psychosocial“ präsentieren sich die Mannen auf „Unsainted“ auf eine Art und Weise, die so verdammt nach Slipknot klingt und alle Elemente der Band in gekonnter Weise fusioniert. Es gibt harte Riffs, DJ-ing Elemente, einen treibenden Verse, Mülltonnengetrommel und sogar Blast Beats. All das packen Slipknot in eine Popsongstruktur und garantieren mit der vierfachen Repetition des Refrains einen Ohrwurm.

„Birth Of The Cruel“ hingegen verfolgt einen anderen Vibe, der insbesondere durch den Gesang leicht psychedelisch angehaucht ist bevor der Break in gemäßigtem Tempo zum Headbangen einlädt. Mit „I’m sick“ bauen Slipknot hier eine klare Parallele zu „Sic“, so sehr liegt die Betonung auf diesem Wort. Insgesamt ist der Chorus mit seinem Downtempo-Drive der wohl spannendste Part des ganzen Songs. Irgendwie wirkt „Birth Of The Cruel” allerdings etwas dröge im direkten Vergleich zum bombastischen Feuerwerk, das „Unsainted“ abfeuerte.

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Erinnerungen an längst vergessene Zeiten

Was Slipknot mit „Death Because Of Death” kreieren, hat ähnliche Wirkung wie „Insert Coin“. Die repetitiven Aspekte, die mysteriösen Synthesizer und das generelle Sounddesign wirken bedrückend und sollen wohl einen roten Faden bauen. Eine Brücke zum folgenden Song baut dieses Interlude jedenfalls nicht. „Nero Forte“ kommt etwas unverhofft um die Ecke und fokussiert sich zunächst auf ein klares Leadriff, dass in einer Kadenz ausgelegt wurde und dadurch an Eingängigkeit gewinnt. Im Refrain des Songs gibt Corey Taylor seine Kopfstimme zum besten und überrascht damit im ersten Moment. Zwar bereitet „Nero Forte“ auf einen Break vor, lässt diesen aber nicht ausbrechen und versteckt diesen hinter narrativen Shouts, die erneut in einen Refrain führen und den Song somit abrunden.

In „Critical Darling“ werden Slipknot für ihre Verhältnisse erstmals richtig hart und creepy. Bedrückend, dicht, aggressiv und treibend, so wie man Slipknot bereits auf früheren Alben kannte agiert dieser Song, der erneut in einem sehr hoch gesungenen Refrain mündet. Aufregend bleibt die triolische Bridge, die dem Song einen gewissen Twist verpasst. Den richtigen Twist liefert aber der Cleanpart des Songs. Darauf aufbauend folgen die wohl emotionalsten Schreie, die Slipknot auf „We Are Not Your Kind“ bisher von sich gaben.

Ein Outro leitet über in den nächsten Song, der mit akustischen Gitarren beginnt und mich im ersten Moment an den „All Hope Is Gone“-Bonus Track „Til We Die“ erinnert. Mit ähnlichem Tempo, ähnlicher Phrasierung und einer traurigen Grundstimmung beginnt der Song, der mit Shouts, harten Drums und verzerrten Gitarren einen Kontrapunkt bildet. Auch ein Piano ist im zweiten Verse des Songs zu hören, dessen Chorus sich auf ein brachiales „Liar“ beschränkt. In langsamem Tempo stampfen Slipknot hin zur Verbrennung des besungenen Lügners und verbreiten dabei eine Stimmung des Unmuts. Der wahre Refrain von „A Liar’s Funeral“ wirkt mit Corey Taylors hohen Stimme erfrischend, während Black Metal-eskes Tremolo-Shredding der Gitarren einen weiteren interessanten Ansatz offenbaren. Der Song endet in der anfänglichen akustischen Umsetzung und hinterlässt ein Gefühl, und drei Klaviertöne, die an den Beginn von „Vermillion“ erinnern, wenn auch diese ersten Töne nicht übereinstimmen.

Slipknot zeigen die rote Flagge mit angezogenem Tempo und knüpfen mit dem Verse von „Red Flag“ an „Unsainted“ an. Jedenfalls ist „Red Flag“ mit einer ähnlichen Attitüde beflaggt und fokussiert sich auf Härte, ohne im nächsten Chorus zu enden. Ein klassischer harter Slipknot-Song eben, der auch nicht zwingend einen eingängigen Chorus benötigt, sondern von vorne bis hinten durchballert. „Red Flag“ ist der vielleicht stärkste Metalsong, den „We Are Not Your Kind“ liefert. Zweifelsohne ist die Kompromisslosigkeit, die dieser Track mit sich bringt, überwältigend.

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Mit „What’s Next“ findet sich das dritte und letzte Interlude auf dem Album. Entgegen der anderen beiden wirkt „What’s Next“ durch das Glockenspiel und die minimalistische Umsetzung irgendwie wohltuender und leitet perfekt in den folgenden Song über. „Spiders“ beginnt verdammt unkonventionell für Slipknot in einem 7/8 Takt und mit Klavier, Bass, Schlagzeug und Gesang. Das mysteriös klingende 7/8 Thema auf dem Klavier wiederholt sich wieder und wieder, während sich die anderen Instrumente daran entlang schlängeln und die Dynamik hin und wieder erhöhen.

„We Are Not Your Kind“ ist nicht frei von Experimenten

„Spiders“ ist der wohl ungewöhnlichste Track, den ich seit langem gehört habe und genau das ist, was mich daran fasziniert. Trotz des ungewöhnlichen Taktes gelingt es Slipknot diesen dem Hörer anzugewöhnen und auch eine gewisse Eingängigkeit zu erwirken. Darüber hinaus ist „Spiders“ voller Experimente, seien sie soundtechnisch, lyrisch oder kompositorisch. Der klare Beat im vermeintlichen Chorus kreiert einen nachvollziehbaren Beat, könnte aber auch den ein oder anderen Hörer im ersten Moment überfordern. Ungerade Taktungen und rhythmische Verschiebungen gab es bei Slipknot auch auf Alben wie „All Hope Is Gone“ zu hören. Dass sich mit „Spiders“ aber ein Track in Richtung Prog Rock entwickelt ist neu und überzeugt auf überraschende Weise!

Der Beginn von „Orphan“ im Gegensatz baut schon fast in Doom-Manier auf, was dann von schnellem Metalriffing und Double Bass-Gewittern kontrastiert wird. Auch hier finden sich kleine Twists, die das Songwriting so viel spannender machen, als dies bei den bisherigen Songs der Fall war. Es scheint fast als hätten sich Slipknot mehr und mehr gewagt ihre musikalische Sozialisierung fallen zu lassen, denn „Orphan“ ist teilweise hartes Death Metal-Riffing, gepaart mit einem leicht progressiven Ansatz und dem gewöhnlichen Geknüppel, das die Band zu dem machte, wofür man sie liebt. Inzwischen ist natürlich auch ein Chorus zu finden, dieser wirkt durch die Shouts von Corey Taylor aber viel aggressiver als die Refrains zuvor. Slipknot klingen angepisst, angepisst wie zu Zeiten von „Iowa“ und das ist verdammt schön anzuhören.

In den folgenden zwei Minuten von „My Pain“ kreieren Slipknot eine Soundscape, die durch interessantes Sounddesign zu einer abwechslungsreichen Erfahrung wird. Wie aus dem Nichts startet ein elektronischer Beat, der von einer schizophrenen Melodie gefolgt wird. Zuerst in klaren Dur-Verhältnissen moduliert diese Melodie zusammen mit dem Gesang in deszendierender Bewegung hin zu einer bedrückenden Moll-Stimmung. Auch hier wird wieder das Mittel der Repetition hörbar, das Slipknot einen gewissen hypnotisierenden Aspekt vermittelt. Das dauerhafte Wabern der Synthesizer lässt die Zeit vergessen und fängt den Hörer in seinen Bann. Irgendwie erinnert „My Pain“ an die großartigen Amia Venera Landscape, die mittels Sounddesign ähnliche Passagen in ihre Songs einbauten. „My Pain“ ist sicherlich kein Song, der live gespielt wird, aber es ist ein Song, oder vielmehr ein Stück das einfach nur wirkt und diese Wirkung ist überwältigend. Jedoch hätte nach diesem Stück auch Schluss sein können, denn als Albumcloser hätte „My Pain“ bestens funktioniert.

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Der ruhige Beginn von „Not Long For This World” fügt sich dennoch gut hinter „My Pain“, während der Song mit Metalcore-Riffing ausbricht. Auch die Synthesizer sind zurück und bauen mit den perkussiven Elementen eine sehr ruhige, aber ausgeglichene Strophe, die dann mit dynamischem Kontrast wieder in den Refrain mündet. Einen richtigen Breakdown hat „Not Long For This World“ auch zu bieten, spielt diesen aber nicht tot, sondern kehrt zurück zum Riffing. DJ-ing Elemente machen auch das Ende des Songs so wunderbar abgefuckt wie die ersten beiden Slipknot-Alben, während ein weiterer Break zum Ende hinschmettert.

Hinter all dem steht mit „Solway Firth“ ein Song, den wir schon vor dem Release zu hören bekamen. Im Gesamtkontext des Albums wirkt dieser aber viel intensiver als in der Singleversion. Auch hier wird die verstörte Komponente, die die Synthesizer und DJ-Elemente einbringen, stark genutzt und vermittelt mit den Kniffen der Produktion eine unfassbar böse und erdrückende Stimmung, die auch wieder in schnellem Metalcore-Riffing umgesetzt wird. „Solway Firth“ treibt den Hörer an, voran in den Wahnsinn der mit diesem Song erstmal wieder sein Ende findet.

ALBUM
We Are Not Your Kind
Künstler: Slipknot

Erscheinungsdatum: 09.08.2019
Genre: ,
Label: Roadrunner Records
Medium: CD, Vinyl

Tracklist:
  1. Insert Coin
  2. Unsainted
  3. Birth of the Cruel
  4. Death Because of Death
  5. Nero Forte
  6. Critical Darling
  7. A Liar's Funeral
  8. Red Flag
  9. What's Next
  10. Spiders
  11. Orphan
  12. My Pain
  13. Not Long for This World
  14. Solway Firth
Slipknot
Slipknot
8.5
FAZIT
Der Name „We Are Not Your Kind“ ist zumindest auf der zweiten Hälfte des Albums Programm. Slipknot wagen sich hinaus aus den gewohnten Popstrukturen, die viele Songs innehaben und vermitteln ein schizophrenes Bild, das durch Sounddesign, Synthesizer und einen sehr experimentellen Ansatz geprägt ist. Es wirkt, als hätten Slipknot die erste Hälfte des Albums geschrieben, um die Leute nicht direkt abzuschrecken.

Die zweite Hälfte steht den Musikern aber viel besser und beweist, dass auch Slipknot noch einen gewissen Schritt der Progression gehen können und zu gehen haben. „We Are Not Your Kind“ ist ein verdammt düsteres, hartes und verrücktes Album, das mit der Zeit wächst und durch seine Experimente zu einer wirklich spannenden und überraschenden Platte wird.

Es wirkt, als hätten Slipknot all die Negativität, die Schicksalsschläge und Missstände der letzten Jahre aufgegriffen und in ihre Musik gebracht. Voller Aggression, Verzweiflung, Energie und Trauer knallt „We Are Not Your Kind“ uns um die Ohren, was die Mitglieder der Band erlebt haben.