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Alternative
Kritik: Poppy - "Negative Spaces"
Wenn man eins über Poppy sagen kann, dann, dass die US-amerikanische Sängerin alles andere als genrephobic ist. In ihrer Laufbahn ...
VON
Helene Ölerich
AM 09/12/2024
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Wenn man eins über Poppy sagen kann, dann, dass die US-amerikanische Sängerin alles andere als genrephobic ist. In ihrer Laufbahn hat die 27-jährige Sängerin schon so manches Subgenre von Metal und Pop durchlaufen und auf den Kopf gestellt. So tut sie es nun auch in ihrem neusten Album „Negative Spaces“, welches am 15. November 2024 auf den Markt kam. Erschienen ist die Platte unter dem Label Sumerian und wurde produziert in Kooperation mit dem Produzenten Jordan Fish. Der Einfluss des britischen Musikers und Keyboarders sowie ehemaligen Produzenten von Band Bring Me The Horizon ist kaum zu überhören.
Der Sound der LP ist nicht in einem Wort oder in einem Genre einzuordnen, er ist ein kompletter Ausbruch aus dem Schubladendenken von Gruppierungen und Klang. Mit den Songs besucht Poppy Alternative Metal, Metalcore und Alternative Rock, auf der anderen Seite dann aber auch Pop Metal, Electro-Pop bis hin zu Synth-Pop; dabei verliert sie allerdings auch nie den unbeschreiblichen und einzigartigen Poppy-Sound. Dieser wird besonders durch ihre Stimme verkörpert: Diese hat es nämlich in sich! So stellt Poppy unter Beweis, dass ihre Stimme so divers und facettenreich ist wie ihr Repertoir an verschiedenen Sounds im Instrumentalen. Ihre Stimme kann einen hypnotisieren, Angst machen, trösten oder Energie verleihen.
Auf Los geht’s los!
Besonders der Opener “have you had enough?” überrascht mit dem Klang ihrer Vocals, welche einen mit einem tiefen und rauen Klang begrüßt, den man so nicht von ihr kennt. Die hellen, sopranen Töne sucht man hier vergebens. Dafür findet man ein düsteres, kraftvolles, marschierendes Instrumental, welches die Hörer:innen auf finstere Passagen der Scheibe einstimmt: “Now all my bitterness, is getting heavy” ist wohl Programm, denn es wird heavy. Als zweites Lied folgt “the cost of giving up”, zwischen der brachialen Härte der Drums und des Basses zieht sich eine hypnotisierende Melodie, welche man in dem Album immer finden kann. Die hellen Klänge erinnern an gebrochenes Glas und ziehen einen in ihren Bann, hier geht Poppy auch mit ihrer Stimme etwas höher und in die weichere Richtung.
Dieses Bild wird allerdings direkt von einem “Coward!” Schrei in dem nächsten Track “they’re all around us” zerschlagen und das ganze Spiel fällt wieder in die Härte. Dennoch lässt sich hier im Refrain die Klarheit in Poppys Stimme finden, deren Kombination und Dualität an “Circle With Me” von Spiritbox erinnert. Die ersten drei Banger werden von einem Interlude namens “yesterday” unterbrochen und von dem Rest des Albums abgeteilt, was im Gesamtbild ein cleverer Schachzug ist, da der Sound der folgenden Lieder verstärkt in eine Pop-Richtung geht. Das Interlude spricht von einer Loyalität gegenüber sich selbst und dass man sich von anderen nicht betrügen lassen wird, passend zu dem Thema der vorherigen Songs, welche ebenfalls von Manipulation und Enttäuschung sprechen.
Mit Poppy zum Pop
“crystallized” stellt dem Album den Synth-Pop vor. Die Atmosphäre ist eine ganz andere als vorher, beinahe fröhlich und beruhigend. Hier findet man keine Screams, sondern Poppys helle Stimme, welche in Kombination mit den süßen Sounds schon fast an die Anfänge mit der Platte „Poppy.Computer“ (2017) erinnert. Ein interessantes Stück neben den aggressiven Klängen der vorherigen Kompositionen.
Der darauffolgende Song “vital” hat das Potential, zu einem allgemeinen Banger mit der zugänglichen Verwandtschaft zum Pop-Rock, welcher herrlich Zerrissenheit und Verzweiflung ausdrückt. Besonders Poppys Stimme wirkt hier so menschlich wie selten. Es ist, als ob die Sängerin ein bisschen mehr ihre menschliche-verletzliche Seite zeigt und dieser Song somit auch ein Träger ihrer tatsächlichen Persönlichkeit ist, mehr noch als die anderen Stücke.
Die folgenden Tracks fassen den Klang des Albums ziemlich gut zusammen: schweres Instrumental mit hellen Synthesizern mittendrin, die die Dualität von Poppys Gesang unterstreichen, welche in der Produktion knackig hervorgehoben wurde. So sind auch die Themen mit den Klängen bearbeitet: falsche Versprechen und Manipulation, welche sich nicht nur bittersüß anfühlen, sondern auch anhören.
In “the center’s falling out” stellt Poppy ihre Screams unter Beweis und zeigt ihre Wut ohne Zurückhaltung, mit den Sirenen im Hintergrund erinnert das Instrumental schon fast an “Civil War” von Body Count.
Der Namensgeber des Albums “negative spaces” spricht von der Psyche des Menschens und den Leerräumen, welche dennoch wichtig sind, mit einem peppigen Sound, welcher trotz des negativen Titels Positivität mit sich bringt.
Nach einem weiteren Interlude, das Gegenstück zu “yesterday”, nämlich “tomorrow”, folgt der Closer “halo”, wo sich Poppy nochmal verletzlich und nahbar zeigt. Ein Song, der nach einem wilden, facettenreichen Trip die Hörer:in in den Schlaf singt und Hoffnung verleiht.
Foto: Sam Cannon / Offizielles Pressebild
Negative Spaces
Künstler: Poppy
Erscheinungsdatum: 15.11.2024
Genre: Alternative
Label: Sumerian Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- have you had enough?
- the cost of giving up
- they're all around us
- yesterday
- crystallized
- vital
- push go
- nothing
- the center's falling out
- hey there
- negative spaces
- surviving on defiance
- new way out
- tomorrow
- halo
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