Review
AlternativeProgressive
Kritik: Pinhead - "Egomessiah"
Pinhead, das neue Projekt von The Hirsch Effekt-Frontmanns Ilja John Lappin, bringt am 31. Januar 2025 das Debütalbum „Egomessiah“ an ...
VON
David Thees
AM 26/01/2025
Artikel teilen:
Pinhead, das neue Projekt von The Hirsch Effekt-Frontmanns Ilja John Lappin, bringt am 31. Januar 2025 das Debütalbum „Egomessiah“ an den Start. Der Bandname stammt aus der fiktiven Welt rund um Hellraiser und wird im Kontext des Album-Release von der Band wie folgt erklärt: „Musikalisch ist ‚Egomessiah‘ eine gnadenlose Auseinandersetzung mit dem Schönen und Schrecklichen der menschlichen Individuation. Eine persönliche Schauder-Gottheit wie Pinhead kann nicht leichtfertig ohne die drängendsten Zustände herbeigerufen werden. Sie muss der Identifikation und Aufspaltung des selbst Stand halten können.“
„Egomessiah“ erzählt also vom Zerbrechen und Neu-Zusammensetzen, dem Abschied von indoktriniertem Gedankengut und den Geistern der Vergangenheit, der Aufbruch aus einer alten Welt, die Zuwendung zu allem Neuen und vor allem: sich selbst.
Der Stil des Albums lässt sich nicht in einem Wort oder Genre zusammenzufassen. Lappin vereint verschiedene Genre und Musikstile in „Egomessiah“ und führt euch durch eine magische Welt aus Trauer, Verlust und die Tiefen der menschlichen psychischen Probleme und Facetten. Mit Einflüssen aus Djent, Progressive Metal und Alternative Metal in Verbindung von Synthesizern und experimentierfreudigen elektronischen Elementen führt uns Lappin auf eine magische Reise und lässt seinen Emotionen freien Lauf.
Pinhead mit hartem Einstieg
Besonders mit dem Opener „Lapse“ steigt Lappin aggressiv mit harten Riffs und Screams in das Album ein und zeigt uns direkt seine musikalische Diversität, wie er zwischen Clean-Vocals und Screams sowie ruhigen Parts und harten Metal-Riffs wechselt. Lappin beschreibt mit seiner aggressiven, aber klanglichen Darbietung lyrisch von dem Bruch mit der alten, heilen Welt.
Mit „Violetor“ geht es mit Synth-Elementen, stark hervorgehobenem Bass und ein em eher ruhigeren Lappin weiter, der vom Vollzug einer Opfergabe erzählt. Es ist einer der kraftvollsten und sehr atmosphärischen Momente des Albums. Mit seiner polarisierenden, treibenden und gefühlvollen Inszenierung beschreibt Lappin die Übernahme von Geist und Körper und stellt sich als alternatives Ego Pinheads dar.
Im dritten Song tritt Lappin mit „Absurdist” eine lange Reise an, die durch das Niemandsland führt und eine breite Palette der Klanglandschaften bietet.
Mit “In Recent Times” nutzt der Musiker vielerlei elektronische Elemente und harte Screams, was aber durch den ruhigen Chorus wiederum Ruhe einbringt. Er beschreibt den ewigen Kampf gegen sein eigenes Ego. Also dem ständigen Zwiespalt darin, sein Gegenüber im Spiegel nicht anzuschreien oder sich selbst ständig zu hinterfragen. Der Song beschäftigt sich außerdem mit der Frage, ob oder wie man die Hoffnung nicht aufgibt, um dadurch zu einer besseren Version seiner selbst zu werden und sein eigenes Ego zu überwinden.
Auch in „III“ geht es mit dem Wechsel zwischen starken elektronischen Elementen und harten Screams sowie cleanen Vocals weiter. Track fünf ist ein Fest für die Angeber in der Gesellschaft, die sich selbst ständig in den Mittelpunkt stellen. Lappin nutzt alles, was ihm zur Verfügung steht und ballert chaotisch um sich, um die Krönung zu symbolisieren, aber gleichzeitig zu wissen, dass es keinen Egomessiah gibt.
Nur man selbst kann sich zur Absolution behelfen!
“Used Future” unterbricht das bisherige Arrangement in seinem straighten Aufbau. Es ist eine Art verlogene Alternative, sich einen Messiahs herbeizuwünschen, der als rettende Instanz zu sehen ist und einen von alldem befreit, ohne selbst etwas für die eigene Rettung unternehmen zu müssen.
Lappin untermalt das Bild einer düsteren Zukunft mit dunklen und harten musikalischen Elementen und prangert die eigenen, extern gesteuerten und festgefahrenen Wege der Welt an. Damit wird einer der nihilischsten Momente des Albums erreicht und als der Höhepunkt dargestellt.
Im weiteren Verlauf des Albums tritt dann ein krasser Stilwechsel mit dem Akustik-Song “Counterfate” ein, der das Sterben der Hoffnung beschreibt, dass jemand anderes die eigenen Probleme löst. Es ist einer der persönlichsten Titel aus dem Album, denn in solch einer verwunschenen Abhängigkeit zu leben, gestaltet sich für ihn eher schwer als möglich.
Mit dem Interlude „Serene Day“ tritt Ruhe ein und bietet die Überleitung zum elektronischeren Ausweg in „Lonefall“. Anstatt die Dämonen auf andere abzuwälzen, wirkt es würdiger, sie in einem langsamen Tanz dem Alter Ego zu überlassen und sie anschließend spielerisch in einer ‚Transition‘ aufzulösen. Gegen Ende des Albums wandelt es sich mit „Stigmatizer“ zu einem aggressiv-stigmatisierenden, metaphysischen Abraxas, bevor es schließlich in einer melancholischen Auflösung versinkt.
Der Album-Closer „Lesser Lights” richtet sich auf den Blick der langen Reise zurück und ist der längste Song des Albums. In dessen etwas Hoffnung durchschimmert und der einzigartigen Klangwelt von „Egomessiah“ innehält.
Foto: Christoph Eisenmenger / Offizielles Pressebild
Egomessiah
Künstler: Pinhead
Erscheinungsdatum: 31.01.2025
Genre: Alternative, Progressive
Label: NoCut
Medium: CD, Vinyl, etc
- Lapse
- Violetor
- Absurdist
- In Recent Times
- I I I
- Used Future
- Counterfate
- Serene Day
- Lonefall
- Transition
- Stigmatizer
- Lesser Lights
More Reviews