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Review

AlternativeEmoPost-Hardcore

Kritik: Holding Absence - "The Noble Art Of Self Destruction"

Das zweite Album wird für viele Bands bekanntlich zur echten Reifeprüfung – vor allem wenn das Debüt allgemein wohlwollend aufgenommen ...

VON

Das zweite Album wird für viele Bands bekanntlich zur echten Reifeprüfung – vor allem wenn das Debüt allgemein wohlwollend aufgenommen wurde. Schließlich werden Anfängerfehler nicht mehr so schnell verziehen und die gewachsene Fanbase erwartet eine Steigerung. Gleichzeitig fehlt oft die nötige Ruhe, die Bands beim Debütalbum ganz ohne Erwartungshaltung noch hatten. Keine ganz einfachen Voraussetzungen. Doch Holding Absence meisterten diese 2021 mit „The Greatest Mistake Of My Life“ – dem Nachfolger der Debütalbums “Holding Absence” ohne Probleme. Vielmehr wurde TGMOML zu einem weltweit beachteten und hochgelobten Erfolg für die Band.

Die Erwartungshaltung steigt bei Holding Absence

So weit, so gut. Doch nach zahlreichen Shows und Festivals in den letzten beiden Jahren ist die Fanbase bei Holding Absence erneut enorm gewachsen. Die erwähnten ambitionierten Reisepläne der beiden letzten Jahre dürften die für Songwriting zur Verfügung stehende Zeit ebenfalls in engen Grenzen gehalten haben. Und dann noch die Erwartungshaltung, dass Album Nr.3 „The Noble Art Of Self Destruction“ noch einmal besser wird als sein Vorgänger. Holding Absence sind zwei Jahre weiter, aber die Herausforderungen sind nicht geringer geworden.

Also, gehen wir rein in Album Nummer 3. Und das startet schon überaus hoffnungsvoll. Holding Absence haben viele Stärken, aber ihre vielleicht größte ist die charakteristische Stimme von Sänger Lucas Woodland. Und diese Stärke spielt der 28-jährige im Opener „Head Prison Blues“ voll aus. Auch textlich zeigt der Song, dass sich Lucas den vielen Stress nicht hat anmerken lassen. Die Fähigkeit, Metaphern einerseits mit sehr klarer, verständlicher Sprache andererseits zu mischen hat er mindestens beibehalten, wenn nicht sogar weiter verbessert.

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Die folgenden Songs dürften dann zumindest den Fans schon bekannt sein. Schließlich haben auch Holding Absence in den letzten Wochen eine ganz Reihe von Songs vorab veröffentlicht. Und diese stellen auch recht zuverlässig eine Blaupause für das dar, was Holding Absence im Jahr 2023 ausmacht. Wie schon erwähnt, bleibt der Gesang die ganz große Stärke der Band. Man kann es schon fast als konsequent bezeichnen, dass eben dieser Gesang im Gesamtmix eine noch deutlich größere Rolle als auf vorherigen Veröffentlichungen. Mehr Gesang, mehr Synthie, die Gitarren geraten etwas ins Hintertreffen. Mehr Alternative Rock als Post-Hardcore. Aber eben auch genau das, was die Band gut kann.

Während „False Dawn“ und „Crooked Melody“ noch eine ähnliche und vertraute Richtung gehen, sieht es bei „Scissors“ und „Honey Moon“ schon etwas anders aus. Die beiden Songs sind – wenn man es so ausdrücken möchte – wohl die extremsten Tracks auf „The Noble Art Of Self Destruction“. Während es in „Scissors“ so hart zur Sache geht wie bei Holding Absence schon lange nicht mehr, ist „Honey Moon“ das komplette Gegenteil. Ein klassischer Love Song, der sicher Ohrwurmpotential hat und seine Fans finden wird. Doch letztlich plätschert der Songs doch etwas zu sehr daher. Ein paar mehr Ecken und Kanten tun Holding Absence da schon ganz gut.

Jeder Song ist gut, aber nicht jeder ein Ohrwurm

Besonders interessant sind auch die Songs, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden. Und das sind immerhin noch ganze fünf. Eines vorweg: Keiner dieser Track hat es verdient, nicht gehört zu werden. So können wir als Zwischenfazit in jedem Fall festhalten, dass es Holding Absence auch mit „The Noble Art Of Self Destruction“ gelungen ist, ein in sich funktionierendes Album auf durchweg hohem Niveau zu produzieren.

Zur Wahrheit gehört dann aber, dass auch in der zweiten Albumhälfte nicht jeder Song sofort zündet und zum Ohrwurm wird. „Death, Nonetheless“ hat insgesamt einen ansprechenden und erfrischenden Vibe, „Her Wings“ bleibt hingegen zu sehr in guten Ansätzen stecken. Vielleicht hätte dem ein oder anderen Song ein bisschen mehr Ruhe und Zeit im Songwriting-Prozess gut getan. Vielleicht sind die Songs aber auch genau so gewollt und aus Sicht der Band eine konsequente Weiterentwicklung. Mit „The Angel In The Marble“ gibt es zum Ende des Albums noch eine Michelangelo-Referenz und die Erkenntnis, dass auch etwas Gutes manchmal kaputt gehen muss, damit Neues entstehen kann. Mit sechs Minuten ist der Track natürlich auch keine ganz leichte Kost. Aber dass Holding Absence es auch etwas progressiver können, wissen wir seit Songs wie „Wilt“.

Die Reifeprüfung erfolgreich bestanden

Das Ende der Album-Trilogie ist ganz sicher nicht das Ende das Ende der Erfolgsgeschichte Holding Absence. Dafür ist mit „The Noble Art Of Self Destruction“ auch Album Nummer drei in so vielen Bereichen zu gut gelungen. Und doch – wenn man die Songs mit denen des 2021er-Erfolgsalbums „The Greatest Mistake Of My Life“ vergleicht, dann fehlt hier und da doch das gewisse Etwas. Seien es die Hooklines, sei es der Gesamtmix. Vielleicht ist „The Noble Art Of Self Destruction“ stellenweise etwas glatt geschliffen. Holding Absence können in Zukunft gerne wieder etwas rabiater zur Sache gehen. Denn auch wenn dabei etwas kaputt gehen sollte, wird sicher etwas Schönes Neues entstehen.

Foto: Bethan Miller / Offizielles Pressebild

ALBUM
The Noble Art Of Self Destruction
Künstler: Holding Absence

Erscheinungsdatum: 25.08.2023
Genre: ,
Label: SharpTone Records
Medium: CD, Vinyl, etc

Tracklist:
  1. Head Prison Blues
  2. A Crooked Melody
  3. False Down
  4. Scissors
  5. Honey Moon
  6. Death Nonetheless
  7. Her Wings
  8. These New Dreams
  9. Liminal
  10. The Angel In The Marble
Holding Absence The Noble Art Of Self Destruction
Holding Absence The Noble Art Of Self Destruction
8.5
FAZIT
Nach „Holding Absence“ (2019) und "The Greatest Mistakes Of My Life" (2021) gibt es nun pünktlich zwei Jahre später den Abschluss einer Album-Trilogie, die Holding Absence weit nach vorne im Ranking der besten Post Hardcore-Acts unseres Planeten katapultiert haben. Aber – auch das zeigt "The Noble Art Of Self Destruction" – die wilde Reise hat Spuren hinterlassen. Die Band ist reifer geworden. Das ist in Sachen Gesang und Lyrics erstmal ein gutes Zeichen. Was den Mix und das Songwriting angeht, überwiegt zwar auch das Gute. Ein bisschen mehr jugendliche Experimentierfreunde hätte dem Album aber gut getan