Review
GrungeRock
Kritik: Grey Daze - "Amends"
Es ist jetzt fast genau drei Jahre her, dass der Tod von Chester Bennington die Musikwelt erschütterte. Nach nun fast ...
VON
Morris Schuster
AM 25/06/2020
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Es ist jetzt fast genau drei Jahre her, dass der Tod von Chester Bennington die Musikwelt erschütterte. Nach nun fast 23 Jahren Stille um seine erste Band Grey Daze veröffentlichen ebenjene mit „Amends“ auch sein vermutlich letztes Album. So schließt sich augenscheinlich der Kreis um die Persönlichkeit Benningtons’ und die Welt bekommt zumindestens ein kleines Trostpflaster für die viel zu große Lücke, die er hinterlassen hat.
Die von Chester im Jahr 2017 angekündigte Reunion der gesamten Band hat öffentlich leider nie stattfinden können, aber mit genug neuem und altem Material und der Hilfe von Sohn Jaime Bennington und u.a. Mitgliedern von Korn, Bush und Breaking Benjamin haben Grey Daze mit „Amends” ein knapp 40-minütiges Album mit 11 neuen Tracks zusammengestellt.
Grey Daze zollen Chester Bennington auf „Amends“ ein letztes Mal Tribut
Das Album startet mit der zweiten Single „Sickness” und verdeutlicht auch für den Neuhörer der Band: Mit Linkin Park hat das nur bedingt etwas zu tun.
Von Anfang an wird klar: Uns erwarten düstere Texte in einer noch viel düsteren Stimmung und ein wunderbar rockiger Grunge-Sound.
Die nächsten beiden Songs „Sometimes“ und „What’s in The Eye“ dümpeln so vor sich hin. Cleane Gitarren werden von einem lockeren Schlagzeugpattern begleitet, im Refrain wird der Gesang fast geschrien und die Gitarren arbeiten von hier an mit Distortion. Die Songstrukturen geben so besonders die gängigen Charakteristiken des Genres wieder.
Mit „The Syndrome“ und „In Time“ folgen danach sehr atmosphärische Tracks. Ersterer steigert sich nach und nach von einem sehr ruhigen Intro bis zu einem Breakdown gegen Ende des Songs. Nur nach dem ersten Refrain geht die Band mit der Strophe einen kleinen Schritt zurück, indem sie die Verzerrungen der Gitarren lösen.
„In Time” hingegen fällt zwar auch durch eine ruhige Einleitung auf, nutzt dabei allerdings erstmals das Klavier auf dem Album. Die Krönung des Songs ist aber der Refrain, wenn der Gesang nach einer Minute einsetzt, geht er erst richtig unter die Haut. „And everything told, must come true. Pretending to be real, forgetting who you are.” Beim zweiten Mal wirken diese Zeilen sogar noch mächtiger, weil eine zusätzliche verzerrte Gitarre das Ganze begleitet.
„Just Like Heroin” folgt wieder einem ähnlichen Schema wie „Sometimes“ und „What’s in The Eye“, wirkt aber durch das Thema und eine hervorstechende Bassline in den Strophen noch einmal deutlich finsterer.
„B12” bietet im Album nochmal einen schönen Kontrast zu den anderen Tracks. Brian „Head“ Welch von Korn wirkt mit, der Text verbindet Emotionen mit Kritik an der Gesellschaft und zusammen mit einer Art Sprechgesang bekommt der Song seinen ganz eigenen Touch. Wow!
Der „Soul Song” ist dann danach vergleichsweise langsam und ist der Song auf dem Album, der etwas das Tempo rausnimmt. Musikalisch gesehen ist der Song nicht wirklich auffällig, aber textlich funktioniert er hier als kleiner Höhepunkt, denn er spricht einem aus der Seele, wenn er von Musik als Erlösung von Problemen erzählt, die einem Freiheit gibt.
Hier wird im Gegenzug zu erschwerenden Inhalten der Optimismus beibehalten und als Bewältigung etabliert.
„Morei Sky” behält das langsame Tempo bei und erzählt den Inhalt vom „Soul Song” weiter. Musik als solche kann hier fortführend als zweite Chance verstanden werden, um die titelgebende Genugtuung oder Wiedergutmachung zu erfahren. Beide Songs leben hier besonders von den Gefühlen, die im Gesang stecken und sind so besonders authentisch.
Umso tragischer fühlen sich die Texte im Kontext der Biografie von Chester Bennington an.
„She Shines” zieht gegen Ende das Tempo nochmal etwas an und passt strukturell wieder insgesamt gut in das Gesamtbild von „Amends” und bildet damit einen guten Übergang zum Outro „Shouting Out”.
Der Anfang vom Ende des Albums wirkt auch später im Song immer wieder durch einfachen Gesang ohne Text sehr erleichternd und befreiend. Im Vergleich zu den anderen Songs klingt das Album hier sehr ruhig aus. Einen würdigen Abschied bereitet der Song durch eine der (vermutlich) letzten Mailboxaufnahmen von Chester.
Eine Kleinigkeit habe ich euch aber noch zu erzählen: Es ist nichts neues, dass in der heutigen Zeit immer mehr Menschen ihre Musik digital kaufen und herunterladen oder sie stattdessen bei diversen Anbietern direkt online streamen. Umso schöner ist es, wenn der Umfang beim physischen Erwerb so liebevoll gestaltet ist wie bei „Amends”.
Das Album kommt hier nämlich in einer gebundenen Version des Textbooks und Artworks mit einem Fach für die CD, aber trotzdem in klassischer Case-Größe. So passt es trotzdem in das Regal neben alle anderen Alben. Das ist eine wirklich coole Sache, besonders für Leute, die CDs wirklich noch sammeln und deshalb durchaus erwähnenswert!
Das Artwork ist generell sehr stimmig und passt zum Sound: Es zeigt wie aus schlechten Erlebnissen und Gegebenheit etwas Schönes erblühen kann.
Bild: Tom Preston / Offizielles Pressebild
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