Review
CrossoverHardcore
Kritik: Dog Eat Dog - "Free Radicals"
Mit „Free Radicals“ präsentieren Dog Eat Dog am 20. Oktober 2023 ihren fünften Langspieler. Ja, richtig gelesen. Dog Eat Dog, ...
VON
Lisa Kaiser
AM 15/10/2023
Artikel teilen:
Mit „Free Radicals“ präsentieren Dog Eat Dog am 20. Oktober 2023 ihren fünften Langspieler. Ja, richtig gelesen. Dog Eat Dog, das Crossover-Relikt aus den 90ern, macht noch Musik. Damals bekannt für eine erfrischende Mischung aus Hip-Hop, Hardcore und irgendwas mit Ska schlug die Truppe aus New Jersey vor allem in Europa ein. Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums „All Boro Kings“ im Jahr 1994 gewann die Band den MTV Europe Music Award „Breakthrough Artists of the Year“ – danach waren Songs wie „No Fronts“ oder „Who’s the King“ von keiner Halfpipe mehr wegzudenken.
Doch time runs by und Dog Eat Dog sind allmählich von der Bildfläche verschwunden. Ihren letzten Langspieler „Walk With Me“ servierte uns das Quartett um John Connor immerhin im Jahr 2006. Also vor 17 Jahren. Dass die Herren allerdings nicht in die Jahre gekommen sind, zeigten sie zuletzt 2019, kurz vor dem Start der Pandemie. Bei einigen Live-Auftritten hierzulande, realisierte die Band, dass ihre Mukke sowohl bei alten als auch neuen Fans weiterhin für gute Laune sorgte. Scheinbar der Ansporn für einen Neuanfang.
Dog Eat Dog wünschen sich mit „Free Radicals“ ein Comeback
Die Veröffentlichung ihrer letzten EP „Brand New Breed“ im Jahr 2018 war dabei ein guter Start. Hier zeigten sich Dog Eat Dog mit dem, was sie am besten können: harter, rauer Punk vermischt mit ein wenig Rap, ein wenig Reggea und einer ganzen Menge Saxofon-Gedudel. Das setzt die Messlatte an ihren vollen Langspieler natürlich entsprechend hoch – immerhin wissen Fans jetzt, dass es die Truppe immer noch draufhat.
Doch schaffen es Dog Eat Dog wirklich, mit ihrer neuen Platte an den Erfolg von damals anzuknüpfen oder bleiben die New Jerseyans tatsächlich das Relikt aus den 90ern? Allein das Album-Cover schreit förmlich, dass Dog Eat Dog den Nostalgiefaktor mit „Free Radicals“ wieder aufleben lassen wollen. Von uns aus gerne – Crossover in all seinen Formen funktioniert immerhin auch im Jahr 2023.
Der Einstieg ins Album sollte bekannt sein. „Lit Up“, die bereits ausgekoppelte Single, macht den Auftakt. Ein Party-Track mit einem groovigen Start, welcher mit Übergang zum Chorus allerdings an seiner Würze verliert. Der poppige, Singalong-Refrain wirkt in der Single leider etwas unpassend platziert. Und noch bevor das Feuer entfacht werden kann, ist der Track auch schon wieder vorbei.
Crossover in all seinen Facetten
Während „Lit Up“ Hip-Hop mit harten Gitarren-Riffs und ein bisschen Pop-Punk vermischt, klingt der nachfolgende Track „Kin“ schon wieder ganz anders. Das Schöne an Crossover. Ein bisschen langsamer, ein bisschen düsterer. Sogar die Spielerei mit Synthesizern gegen Ende wollten sich Dog Eat Dog nicht nehmen lassen.
Apropos Spielerein… „Free Radicals“ bietet eine ganze Ladung an Tracks, auf denen sich das Quartett mit verschiedenen musikalischen Einflüssen austobt. An sich eine gute Herangehensweise, die ein Album erst so richtig interessant macht. Doch hier können die Songs leider nicht überzeugen. „1Thing“ stellt eine Reggea-Ballade dar, die zwar einen rauen und ehrlichen Sound mitbringt im Ganzen aber eher langweilig und fehlplatziert wirkt. Mit „Energy Rock“ folgt ein durchgespülter Punk-Track, der durch Dupstep-Elemente unterbrochen wird. Es ist alles etwas chaotisch.
Von den Liedern, auf denen die Kombo neue Töne anschlägt, stechen „Mean Str“ und „Bar Down“ am ehesten heraus. Beide fallen durch ihren ruhigeren, beinah melancholischen Sound heraus – vor allem letzterer.
Zurück zu den Wurzeln, doch falsch abgebogen
Fans der alten Schule können beruhigt sein. Auf zahlreichen Tracks setzen Dog Eat Dog auf das, was sie am besten können. Mit lauten, sorgenfreien Texten nach vorne Preschen und gute Laune erzeugen. Doch nur die wenigsten Songs stechen dabei heraus. „Time Won’t Wait“ klingt wie eine Hard-Rock / Trash-Punk-Hymne aus den 80ern. Ein Track auf dem „old men“ sich auf Live-Shows ordentlich austoben können. Hart, schnell und mit einfachen, sich stetig wiederholenden Lines. Auch „@Joe’s“ und „E1on1“ sind Party-Lieder durch und durch. Vom Sound eher an den ursprünglichen Dog Eat Dog-Style erinnernd, fehlt es ihnen allerdings an Kreativität. Es sind halt Lieder zum Mitgrölen, gespickt mit „oh-oh-oh“-Phrasen. Leider nichts, mit dem sich Dog Eat Dog zurück in die Charts katapultieren.
Am ehesten können „Blvk Clvd“ und die beiden ausgekoppelten Singles „Never Give In“ und „Man‘s Best Friend“ überzeugen. Letzterer stellt mit Abstand das Highlight der Platte dar. Als Liebeslied für den eignen Hund startet der Track mit feinsten Hip-Hop, der von einer groovigen E-Gitarre begleitet wird. Der anschließende Refrain bleibt im Ohr und regt zum Mitsingen an. Und Überraschung: Sogar das altbekannte Saxofon wird für diese Single rausgeholt.
Foto: Dog Eat Dog / Offizielles Pressebild
Free Radicals
Künstler: Dog Eat Dog
Erscheinungsdatum: 20.10.2023
Genre: Crossover, Hardcore
Label: Metalville Records
Medium: CD, Vinyl, etc
- Lit Up
- Kin
- Never Give In
- Time Won't Wait
- 1 Thing
- Mean Str
- Energy Rock
- @Joe's
- Blvk Clvd
- Bar Down
- Man's Best Friend
- E1on1
- Looking Back
- Zamboni
More Reviews