Review
IndiePunkrockRock
Kritik: Amyl and The Sniffers - “Cartoon Darkness”
Amy Taylor schafft eine Gratwanderung, die wirklich einmalig scheint. Die australische Sängerin kreiert durch ihr Auftreten einen Charakter, der aber ...
VON
Malin Jerome Weber
AM 28/10/2024
Artikel teilen:
Amy Taylor schafft eine Gratwanderung, die wirklich einmalig scheint. Die australische Sängerin kreiert durch ihr Auftreten einen Charakter, der aber immer noch zu 100 Prozent authentisch sie selbst repräsentiert. Angesiedelt zwischen schonungsloser Ehrlichkeit, Kratzbürstigkeit, Lebensfreude und Feminismus entsteht eine Person, die möglicherweise in uns allen drin steckt. Mit ihrem dritten Album “Cartoon Darkness” wollen Amyl and The Sniffers dazu motivieren, dieser Seite von uns nicht die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Denn bei der aktuellen Weltlage lohnt es sich einfach nicht, pausenlos alle Regeln zu akzeptieren, Missstände hinzunehmen oder die eigene Entfaltung der modernen Hustle-Culture zu unterstellen.
“I’m choosing to be young and I’m choosing to be dumb and I’m choosing bad decisions because life is too short to be right all the time.” Der Chorus von “Chewing Gum” bringt viele Grundgedanken von “Cartoon Darkness” schon sehr treffend auf den Punkt. Die Überspitztheit solcher Aussagen paart sich hervorragend mit Taylor’s expressiver Vocal Performance, die sie im Laufe der Platte in verschiedenste Extreme führt. Diese reichen von furios-wütend (“It’s Mine”) über sassy (“Tiny Bikini”) bis hin zu unerwartet gefühlvoll (“Bailing On Me”). Aber nicht nur auf stimmlicher Ebene bekommen wir die bisher vielseitigste Amyl and The Sniffers-Platte serviert. So reichen die Australier:innen ihren Punksound mit Elementen aus Hardcore, Indie und Hard Rock an.
Amyl and The Sniffers reisen durch die Jahrzehnte
Letztgenannter Einfluss zeigt sich auf “Cartoon Darkness” besonders, da so manche Riffs stark an frühe Rocklegenden wie Black Sabbath, Motörhead oder Led Zeppelin erinnern. Auch die Produktion hat einen stärkeren Vintagetouch und lässt das Album weitaus dreckiger und unaufgeräumter als den Vorgänger “Comfort To Me” (2021) klingen. Aufgenommen wurde das Ganze im Übrigen im Studio 606 der Foo Fighters, wo auch historische Platten wie “Rumours” (Fleetwood Mac) oder “Nevermind” (Nirvana) das Licht der Welt erblickt haben. Im Großen und Ganzen schmeichelt das Soundbild der Band sehr, allerdings fügen sich die Vocals im Mix nicht immer passgenau ein (“Bailing On Me”). Vocoder-Effekte wie in “Me And The Girls” wirken sogar wie Fremdkörper.
Abgesehen von diesen kleinen Produktionsschwächen und gelegentlichen Längen gelingt Amyl and The Sniffers allerdings eine rundum starke Platte. “Cartoon Darkness” teilt sich grob in zwei Hälften: So geht die Band zunächst ein wenig mehr auf Nummer sicher und bietet ihren gewohnten Punksound, während das Album hinten raus mit vielen tanzbaren und leichtfüßigen Tracks aufwartet. Als größtes Highlight entpuppt sich das um eine knurrige Bassline gewickelte “U Should Not Be Doing That”, das mit Hip-Hop-artigen Vocalflows und einem überraschenden Saxophonsolo daherkommt. Wo wir gerade bei Soli sind: Auch die zahlreichen Gitarrensoli treffen ausnahmslos ins Schwarze und spielen der hard-rockigen Ausrichtung des Langspielers voll und ganz in die Karten.
Foto: John Angus Stewart / Offizielles Pressebild
Amyl and The Sniffers News
Cartoon Darkness
Künstler: Amyl and The Sniffers
Erscheinungsdatum: 25.10.2024
Genre: Punkrock
Label: Rough Trade
Medium: CD, Vinyl, etc
- Jerkin'
- Chewing Gum
- Tiny Bikini
- Big Dreams
- It’s Mine
- Motorbike Song
- Doing In Me Head
- Pigs
- Bailing On Me
- U Should Not Be Doing That
- Do It Do It
- Going Somewhere
- Me And The Girls
More Reviews