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Corelumne

Corelumne: Ich habe Oasis-Tickets und bereue es (k)ein bisschen

Über den Kampf um Tickets und das Spiel mit den Emotionen der Fans.

VON AM 02/09/2024

Für die Musikwelt war es eine der ganz großen Nachrichten des Jahres: Oasis, die allseits beliebte (oder gehasste) Brit-Pop-Band aus Manchester, hat beschlossen, ihre 15 Jahre andauernde Pause zu beenden und 2025 wieder auf Tour zu gehen. Spekulationen und Gerüchte kursierten schon seit Jahren, doch nun wurden (endlich) handfeste Daten veröffentlicht und damit die nächste Hysterie ausgelöst. Denn die Wahrscheinlichkeit an Tickets für eine der insgesamt 17 Shows im kommenden Sommer in Irland und Großbritannien zu kommen, war nicht nur sehr gering, sondern äußerst kostspielig. Ich gehöre zu den glücklichen „Gewinnern“ und bin nun in einem inneren Zwiespalt.

 

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Oasis: Warten, warten, warten auf Tickets

Als Fußball-Fan bin ich einiges gewohnt. Mein Herzensverein spielt regelmäßig in der Champions League, die Nachfrage nach Tickets ist hoch. Wer zu spät kommt, hat da schnell das Nachsehen. Entsprechend eingestellt war ich auf das, was mich am vergangenen Samstagmorgen erwarten sollte – beziehungsweise dachte ich es. Meine Partnerin und ich, sowie zwei Freundinnen hatten uns einen Termin ausgeschaut. Es sollte Wembley sein. Ein passender Flug nach London ausgeguckt, Hotel sicherheitshalber vorher gebucht inklusive kostenloser Stornierungsmöglichkeit. Account bei Ticketmaster erstellt, Zahlungsmöglichkeit hinterlegt, Links gespeichert. Alles war angerichtet für den Startschuss um 10 Uhr (deutscher Zeit).

Um kurz nach 9 loggte ich mich ein, um zu schauen, wie fit die Server waren. Am Laptop ging nichts, am Smartphone schon und plötzlich fand ich mich in einem Warteraum wieder, der mir eine ID für die anschließende Warteschlange zuwies. Cool. So wartete ich also bis sich die Türen öffneten. Im Vorfeld hatten wir uns in der Gruppe darauf verständigt, welche Blöcke für uns in Frage kämen, da wir uns das Ganze lieber im Sitzen anschauen wollten. Frei nach dem Motto: „Alle geben alles und wenn wir nachher 16 Tickets haben, werden wir die anderen 12 natürlich eh los!“ Na ja, ich war an Stelle 46.302, die anderen weit dahinter. So lagen alle Hoffnungen bei mir, grüßte ich ja von den „vorderen Plätzen“. Den Gedanken, dass jede:r vor mir ebenfalls bis zu 4 Tickets ordern könnte und die ganze Geschichte dadurch etwas kompliziert werden könnte, blendete ich vorsichtshalber aus.

 

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Dynamic Pricing, du Teufelsbrut

Hatte ich erwähnt, dass ich mehr als 46.000 Menschen vor mir hatte? Das bedeutete weiteres Warten. Hoffen. Bangen. Es bewegte sich, aber nur sehr langsam. Nach 20 Minuten hatte ich etwas 1.500 Plätze gutgemacht. Schade nur, dass ich an dem Tag noch auf eine Hochzeit eingeladen war. Warten. Hoffen. Bangen, ob das Internet stabil sein würde und ich das Ganze irgendwie nebenher regeln könnte. Als sich das Brautpaar das Ja-Wort gab, war ich gerade auf Platz 754 gerutscht. Die Anspannung stieg. Dann endlich: „You’re next. Please wait, you will be redirected to shop your tickets“ (oder so ähnlich) und plötzlich tauchten diverse für mich sehr wirre Ticket-Optionen auf. Irgendwas mit Pre-Party für über 500 Pfund. Stehplätze mit Priority-Zugang und Merch-Paket für über 300 Pfund. Platinum Sitzplätze. Stehplätze mit besonderer Bezeichnung. Völlig überfordert versuchte ich die Übersicht über die offenen Sitzplätze anzuklicken, bekam aber nur eine Aufstellung über die unterschiedliche Preiskategorien. Keine direkte Platzwahl und alles ab 200 Pfund und aufwärts. Puh, das wich aber ordentlich von dem ab, was als „Face Value“, also dem eigentlich angesetzten Nennwert der Tickets bekannt war. Dieser soll bei rund 150 Pfund gelegen haben.

Ich klickte also hastig auf „Best Tickets“ für vier Personen, bekam aber in jeder Kategorie nur einen Fehler angezeigt. Frustration machte sich breit und der Hinweis meiner Partnerin, dass sie ja auch noch in der Schlange wäre und es vielleicht bei ihr klappen würde, brachte mir kaum Hoffnungen ein. Doch tatsächlich, nach weiterem Warten, Hoffen, Bangen (ihr habt es mittlerweile verstanden), konnten wir gegen 15.30 Uhr am Nachmittag endlich zumindest zwei Tickets mit guter Sicht ergattern. Natürlich zu einem horrenden Preis, der in meinen Augen jenseits von Gut und Böse liegt. Alles Dank „Dynamic Pricing“ bzw. dynamischer Preise, die sich schnell auf die Nachfragesituation angepasst haben und somit in die Höhe geschossen sind. Ziemlich ungeil, um es mal direkt anzusprechen, denn psychologisch gesehen befindet man sich in dem Moment in einer absoluten Stresssituation. Stunden, die man investiert hat, das Gefühl es doch geschafft zu haben, um dann aufgrund des Preises doch abzulehnen? Diese einmalige Chance nun verspielen? Wer sagt da bitte nein?

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Einfach mal unvernünftig sein

Rage Against The Machine, Bruce Springsteen, Phil Collins, Black Sabbath: Viele große Namen der Musikwelt habe ich nicht mehr sehen können beziehungsweise wird sich diese Gelegenheit vermutlich auch nicht mehr ergeben. Ich bin ein großer Musik-Fan, aber ich bin auch relativ geizig und überlege mir mehrfach, ob ich größere Summen wirklich ausgeben möchte. Post Malone, Placebo, Kendrick Lamar und Pink gehörten bis dato zu meinen teuersten Konzerten, doch nun haben sich Oasis lachend oben drüber gesetzt. Dabei zählt die Band zwar nicht zu meinen All Time-Helden, dennoch habe ich eine spezielle Verbindung zu den Gallagher-Brüdern und ihrer Musik. „Be Here Now“ war eines der ersten Alben, das ich je in meinem Leben gehört habe, da es bei meinen Eltern im Schrank stand. Dank Radio, MTV und Viva wurde auch ich so oft mit „Wonderwall“ und „Don’t Look Back In Anger“ bespielt, dass ich die CD unbedingt hören musste. Sicherlich nicht das beste Einstiegsalbum für diese Band, vor allem nicht für einen damals 7-jährigen und zudem nicht das Album, auf dem sich die beiden genannten Hits befanden. Aber dennoch eine für mich prägende Platte, die bis heute, wie auch andere Werke der Band, einen speziellen Platz in meinen Herzen trägt.

Ich bleibe also nun mit gemischten Gefühlen zurück. Oasis, Wembley, die eine Reunion-Tour, ein langes Wochenende in London – und wir sind dabei. Auf der anderen Seite: verdammt viel Geld und das Unterstützen eines Preissystems, das alles andere als cool ist und vor allem, keine schöne Erfahrung bietet. Man fühlt sich zwar als Gewinner, weil man irgendwie erfolgreich gegen die halbe Welt gekämpft hat. Man steht aber zugleich knietief im Kommerzsumpf und hofft darauf, dass es wenigstens die allerbeste Show jemals und für immer sein wird. Angebot und Nachfrage, bla bla. „Unterstütz doch besser kleinere Bands und Artists!“ Ja unbedingt, gerne, immer und weiterhin. Aber es ist scheiße, dass diese großen und teuren Shows so unfassbar frech teuer geworden sind, dass es längst keine Frage mehr von sich leisten können, sondern eher von leisten wollen ist. Passenderweise erklärte mir mein Friseur letzte Woche, dass es im Leben auch darum geht, Erinnerungen zu schaffen. Dementsprechend überwiegt bei mir am Ende doch die große Vorfreude und der Gedanke: „Where were you while we were gettin‘ high?“

Bild: YouTube / „Oasis – Wonderwall (OFFICIAL VIDEO)“

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