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News

Interview

Exit Eden: „Es ist schön, ein Projekt mit Frauen zu machen, die mitdenken – vielleicht sogar mehr als Männer“

Anna Brunner im Interview über das neue Album "Femmes Fatales".

VON AM 07/01/2024

Viele Fans haben es gar nicht mehr für möglich gehalten, einige erklärten das Symphonic Metal-Projekt, welches 2017 für Furore in den deutschen Charts sorgte, sogar bereits zu Ex-it Eden. Ende 2023 dann die glückselige Überraschung: Das Damengespann kehrt mit voller Power UND den ersten eigenen Songs zurück! Wir haben mit Sängerin Anna Brunner über das unerwartete Comeback von Exit Eden, die Bedeutung von weiblichem „Charm“, „Femmes Fatales“ und wahre Freundschaft unter Musikerinnen gesprochen.

 

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Sieben Jahre sind ins Land gegangen, seit die rein weiblich besetzte Supergroup Exit Eden 2017 in der TV-Werbung über die Fernsehgeräte flimmerte – zumindest erinnere ich mich noch so daran. Eine internationale Kombo bestehend aus vier jungen Sängerinnen aus Deutschland, Frankreich, Brasilien und den USA kaperte die Metal-Welt – mit Cover-Songs. Damals noch nahezu ein Novum, denn die Gruppe verwandelte aktuelle Pop-Hits wie Rihannas „Unfaithful“ in Symphonic Metal-Hymnen: düster, romantisch, kraftvoll. Ebenfalls untypisch für diese Zeit: Sie landeten mit ihrem heavy Debütalbum „Rhapsodies in Black“ auf Platz 15 der deutschen Album-Charts. Dieser Durchbruch brachte dem Quartett noch im selben Jahr einen Auftritt auf dem Wacken Open Air und den Hamburger Metal Dayz ein.

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Doch genauso Urknall-artig wie dieses Märchen beginnt, endete es auch scheinbar wieder. Schnell erklärten Presse und Wikipedia die Sängerinnen zu „Ex-Exit Eden“-Funktionärinnen. Dennoch verblasste die Hoffnung vieler Fans bis zuletzt nicht, wie Sängerin Anna Brunner berichtet:

„Fans haben uns immer wieder bei unseren Konzerten angesprochen: ‚Wie sieht es aus mit Exit Eden?‘, ‚Geht es weiter?‘, ‚Schade, dass es nicht mehr weitergeht‘. Irgendwann habe ich einfach mal gesagt: ‚Wartet mal! Es ist noch nichts entschieden, es ist noch nichts beschlossen und irgendwann wird was kommen.'“

Exit Eden: Die Rückkehr der schwarzen Symphonie

Und dieses Versprechen sollte eingehalten werden. Was zu diesem Zeitpunkt viele nicht ahnen: Das Exit Eden-Bollwerk stand nie ganz still. Die Frauen blieben hintergründig im regelmäßigem Kontakt und tauschten weiterhin Ideen für gemeinsame Musik aus.

„Direkt nach der ersten Platte, die eigentlich echt gut lief und die wir auch gerne viel mehr live gespielt hätten, haben wir schon überlegt, dass wir für die zweite Platte auch eigene Songs schreiben könnten. Ich weiß noch, wie Marina und ich uns damals schon überlegt haben, in welche Richtung es gehen könnte. Dann hat es eine Art Label-Wechsel gegeben, es haben sich Strukturen verändert und dann kam Corona. So sind die Jahre vergangen.“

Dazu kamen andere Projekte und Verpflichtungen der vier Frauen, welche Sommerville, Delauney, Brunner und La Toracca einspannten: Clémentine ist aktuell als Sängerin bei der Symphonic Metal-Band Visions Of Atlantis tätig, Marina leiht der Metal-Formation Phantom Elite ihre Stimme und Anna gründete 2020 mit Kissin‘ Dynamite-Gitarrist Jim Müller die Modern Metal-Gruppe League Of Distortion.

„Von daher ist es auch nicht so leicht Termine zu finden. Aber wir machen es möglich. Wir drei wollten das schon die ganze Zeit.“

„Wir sind traurig, dass Amanda nicht mehr Teil des Teams ist. Aber wir werden weitermachen und wir geben alles, was wir können.“

„Wir drei“ deutet in diesem Fall den Ausstieg von Amanda Sommerville an, welchen die Gruppe im Oktober 2023 verlauten ließ. Einen Tag bevor Exit Eden den ersten neuen Song seit sieben Jahren releasten und damit ihr Comeback verkündeten. Die Entscheidung, dass das Quartett bald als Trio weiter machen wird zeichnete sich aber, wie Anna verrät, schon viel früher ab.

„Dadurch, dass sie jetzt auch dreifache Mutter ist, musste sie entscheiden, wo sie ihre Prioritäten setzen will. Natürlich ist einem klar, wenn man so ein Projekt veröffentlicht, dass man damit dann auch auf die Straße geht und es live spielt. Das hatte sie immer mit im Kopf. Wir haben es ihr auch ein bisschen schwer gemacht und versucht sie zu überreden. Aber sie ist sehr stringent, was toll ist. Sie macht nichts halb und deswegen hat sie sich eben dagegen entschieden.“

„Es passt noch besser zusammen als bei der ersten Platte.“

Nach sieben Jahren geht nun alles ganz schnell. In einigen kreativen Sessions, wie Anna berichtet, schreiben sie und ihr Lebensgefährte (und Kissin‘ Dynamite-Frontmann) Hannes Braun die ersten eigenen Songs für die Gruppe; was zu Beginn gar nicht mal so einfach war.

„Es war schwer zu entscheiden, in was für eine Richtung es gehen soll: mit den Covers als Vorlage und der Credibility etwas Eigenes zu schaffen. (…) Es sollte einen roten Faden geben und wirken wie aus einem Guss.“

Also entscheiden sich Exit Eden für eine Halb-Halb-Lösung, die auch ihrer musikalischen Herkunft frönt: Sechs Cover, sechs eigene Tracks. Davon stammen fünf aus der Feder Brunner-Braun, einer wird von Kollegin La Toracca beigesteuert – in letzter Minute: „Wir wollten uns in dieser Woche entscheiden und Marina fiel auf: ‚Oh Scheiße! Ich habe so viel überlegt und viele Ideen, aber nichts so richtig aktiv.‘ Dann hat sie ganz schnell mit ihrem Freund zusammen ein paar Ideen, Layouts und Demos rausgehauen. So ist ‚Dying In my Dreams‘ noch mit drauf gekommen.“

Für den Track „Hold Back Your Fear“ ließ sich Anna, die gebürtig aus Freiburg kommt, von der historischen und feministischen Ikone Jeanne D’Arc und deren Rolle als Anführerin inspirieren: „Das war ein Riesenerfolg für die französische Armee und für mich als Frau ein Wow-Erlebnis. Dass es damals schon eine Frau gab, die was erreicht hat, die Männer angeführt hat, die stark war. Es war super spannend, darüber einen Song zu schreiben.“

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„Run!“ wurde dann als erste eigene Single-Auskopplung von Exit Eden auserkoren und erschient am 24. Oktober 2023. Mit dazu geholt hat sich die Band Ex-Nightwish-Sänger Marco Hietala. Die ursprüngliche Angst, wie das Comeback der Symphonic Metaller angenommen würde, stellte sich schnell als unbegründet heraus: Nach kürzester Zeit hat das „Run!“-Musikvideo über eine halbe Million Aufrufe auf YouTube erzielt.

Fatale Frauen: Das Spiel mit weiblicher Anziehungskraft

Im Januar erscheint nun das gesamte Comeback-Album des Trios. Beim Titel entschieden sich die drei Frauen für „Femmes Fatales“ – ein sehr bedeutungsschwangerer Begriff in Kunst, Musik, Film und Kultur. Für drei Frauen in der schwarz-romantischen Szene, aber auch irgendwie naheliegend. Anna verrät wie sich die Gruppe den (oft auch negativ konnotierten) Ausdruck zu Eigen macht:

„Für uns ist es kein negativer Begriff. Für uns bedeutet es, sich als Frau zu trauen, sich am eigenen Anmut und der eigenen Weiblichkeit zu bedienen und damit raus zu gehen und an andere Menschen – Männer – heran zu treten. Es ist ein riesiges Thema, was viel Input gibt aus künstlerischer Sicht.

Für mich persönlich steht es für weibliches Empowerment: Wir drei als drei starke Frauen, die gemeinsam da stehen und gemeinsam füreinander einstehen, uns aber auch unseres Charm [Anm. d. Red: meint das englische ‚Charm‘, was übersetzt so viel wie ‚Anmut‘, ‚Reiz‘ oder ‚Zauber‘ heißt] bewusst sind. Und eben auch zu dieser Verführungsstrategie greifen dürfen, wenn es nötig ist.“

Cover? „Das ist nicht mehr was wir wollen. Es ist nicht so erwachsen.“

Neben dem Titeltrack „Femme Fatale“, bei welchem Exit Eden bereits mit dieser Thematik spielen, darf auch in den ausgewählten Cover-Tracks der Bezug zum Thema nicht fehlen: „Es war nicht so, als hätten wir wegen dem Titel ganz gezielt nach Sachen gesucht. […] Aber bei den Cover ist tatsächlich viel Düsternis dabei und sehr viel, was man auf diesen weiblichen Charm und diese Verführungsthematik und Giftigkeit beziehen kann.“

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Was bei den ausgewählten Cover auffällt: Im Gegensatz zu 2017, wo mit Lady Gaga, Rihanna und Co. noch moderne und aktuelle Künstler:innen vorherrschend waren, sind diesmal vorwiegend ältere Songs vertreten. Das liegt laut Anna sowohl an der Entwicklung in der Szene, als auch der innerhalb der Band:

„Als wir damals angefangen haben, waren Metal-Cover tatsächlich noch total neu. […] Innerhalb der letzten sieben Jahre ist es schon normal geworden: Ein neuer Song kommt raus und er wird von gleich fünf Bands oder Künstlern als Cover rausgebracht. Es war nicht mehr dieses ‚Wow, wir machen jetzt was Neues‘. Wir wollten lieber ein homogenes Album schaffen, was nicht zu verrückt ist. Ganz am Anfang hatte ich die lustigsten Listen, was man im Exit Eden-Style covern könnte. Aber irgendwann haben wir gemerkt, das ist nicht mehr was wir wollen. Es ist nicht so erwachsen.“

Phantom Elite, Visions Of Atlantis, League Of Distortion: „Es ist nicht das gleiche nochmal in Grün, sondern das sind wir in einer anderen Kombination.“

„Poison“, „It’s A Sin“, „Separate Ways”EE versuchen sich nun an den großen Rock- und Pop-Hymnen der Geschichte. Mit letzterem erschien im Dezember die erste neue Cover-Single von Exit Eden 2023. Auch die französische Dance-Hymne „Désanchantée“ schafft es aufs Album, was eine Besonderheit für Sopranistin Clémentine Delauney darstellt: „Als sie im Studio war meinte sie: ‚Ich bin gerade richtig aufgeregt. Ich habe noch nie etwas auf Französisch aufgenommen.‘ Und sie ist ja Französin – so ein Unsinn.“

Und auch für Kollegin Marina und Anna selbst bietet das Bandprojekt Exit Eden Entfaltungsmöglichkeiten fernab ihrer Hauptgruppen:

„Bei Marina ist es definitiv so, weil sie ja dieses Pop-Opera-Voice-Mäßige bei Phantom Elite nicht viel macht. Bei Exit Eden ist das durch den Symphonic Metal ja der Hauptbestandteil. […] Es ist mal etwas anderes, als was wir mit unseren eigenen Bands machen.

Für mich ist es auch musikalisch sehr, sehr anders als bei League Of Distortion. Ich zeige einen zarten Teil von mir. Trotzdem gibt es noch ein bisschen Geschrei, weil das einfach sein muss, wenn ich meinen Mund aufmache. Es ist etwas anderes zusätzlich zu unseren Projekten. Das macht es für uns auch besonders. Es ist nicht das gleiche nochmal in Grün, sondern das sind wir in einer anderen Kombination.“

Girls just wanna have… other girls

Was diese besondere Dreierkonstellation aber bei allen musikalischen Gemeinsamkeiten und Unterschieden ausmacht ist laut Anna die Freundschaft, die zwischen ihnen bereits seit dem Beginn des Projekts besteht: „Was ich an Exit Eden so besonders finde, ist das mit zwei Frauen und gleichzeitig zwei Freundinnen zu machen. Wir haben uns vor acht, neun Jahren kennengelernt und sind einfach richtig gute Freunde geworden.

Es ist schön ein Projekt mit Frauen zu machen, die mitdenken. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als Männer. Mit Freundinnen, bei denen man sich so richtig auf das nächste Video- oder Fotoshooting freut. Manchmal quatschen wir noch drei Stunden am Abend, obwohl wir eigentlich schlafen sollten. Das ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes und richtig schön.“

Exit Edens zweites Album „Femmes Fatales“ erscheint am 12. Januar 2024 via Napalm Records. Aktuell sind noch keinerlei Konzerttourneen oder anderweitige Auftritte der Band angekündigt. Für Anna geht es zu Beginn des Jahres erstmal mit ihrer Band League Of Distortion und Cypecore auf Tour. Tickets dafür bekommt ihr hier.

Wir drücken die Däumchen und sind gespannt was 2024 bringen wird!

Foto: Exit Eden / Offizielles Pressebild

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