

News
Interview
Bloodywood: „Wir glauben fest daran, dass Musik ein wichtiges Werkzeug ist, um Veränderung herbeizuführen“
Die Band im Gespräch über ihren rasanten Erfolg.
VON
Tamara Jungmann
AM 09/03/2025
Geschätzte Lesezeit:
- Minuten
Artikel teilen:
Sie sind die Durchstarter der Stunde und gekommen, um zu bleiben. Bloodywood mischen mit ihrem Mix aus Heavy Metal und indischem Folk nicht nur die gesamte Metal-Szene auf, sondern beweisen gleichzeitig, dass man nicht auf Englisch singen muss, um sich Gehör zu verschaffen. Wir haben mit Sänger Jayant Bhadula über ihren kometenhaften Aufstieg gesprochen, ihre Verbundenheit mit ihrer Heimat Indien und was die Würze des Metal Tikka Masala ausmacht.
Es war einmal…
Es ist 2017 und im Internet brodelt es. Ein Duo aus Indien veröffentlicht Metal-Cover – unter anderem des Linkin Park-Songs „Heavy“. Für’s erste nichts Besonderes, schließlich werden nahezu sekündlich Cover-Versionen zu allen möglichen Songs im World Wide Web veröffentlicht. Doch das hier ist anders. Schnell erlangen Karan Katiyar und Jayant Bhadula mediale Aufmerksamkeit von führenden westlichen Magazinen; sowie die zahlreicher Metalheads auf der ganzen Welt.
„Die Idee war simpel – so viele Augen wie möglich auf uns zu lenken, damit wir bereits ein Publikum haben, wenn wir unsere eigene Musik veröffentlichen“, so der Sänger.
Von der Cover-Band zum First-Hit-Wonder
So beginnt das Märchen um Bloodywood, die sehr schnell kapieren, was da passiert und auf den Zug aufspringen. Nach der Veröffentlichung eines Cover-Albums namens „Anti-Pop Vol. 1“ erscheint bald der erste eigene Track „Ari, Ari“, der auf dem indischen Volkslied „Baarsi Barsi“ beruht. Dazu kam es laut Bhadula, weil sie während der metallischen Aufbereitung ihrer Coversongs, bereits ihren eigenen Stil entdeckten, „der nicht nur einzigartig war, sondern auch [deren] Herkunft perfekt repräsentierte.“
Diese Idee stellt sich schnell als Geniestreich heraus – „Ari, Ari“ geht viral und das Internet explodiert! Der Sänger beschreibt das Gefühl dieses ersten Erfolgs mit dem Wort „aufregend“ und führt aus: „Es war großartig, dass die Welt nicht nur unseren Sound entdeckte, sondern ihn auch schätzte – ein unglaubliches Gefühl!“
Road to Wacken
Nachdem er auf „Ari, Ari“ noch als Feature-Gast gelistet ist, wir der Rapper Raoul Kerr als festes Mitglied in die Band aufgenommen – aus dem Duo wird ein Trio und der rein auf Pandschabi und Hindi vorgetragene Gesang wird mit englischen Rap-Parts angereichert. Ein außergewöhnlicher Mix aus Heavy Metal und indischem Folk wird geboren – und das in einem Land, das nicht unbedingt bekannt ist für seine ausufernde Szene. Bhadula berichtet dennoch: „Die Metal-Szene in Indien ist zwar klein, aber gleichzeitig sehr eng verbunden. Das Genre ist in Indien nicht so populär wie Hip-Hop oder Pop, aber es hält sich und wächst langsam.“
Auch Bloodywood wachsen – schnell. 2019 gehen sie erstmals auf Tour, mit gerade so viel Songs, dass sie ein Live-Set füllen können. Es ist ihre allererste Tournee und die spielen sie direkt in Europa, mit einem Ziel: Wacken. Einige Termine davon sind bereits ausverkauft, und auch ihre Feuertaufe auf dem Holy Ground meistern die Punjabi-Metaller mit Bravour: mit 15 tausend Personen ist das (nun nicht mehr existente) Zelt auf Wacken komplett ausgelastet.
„Wir können es nicht erklären – es ist einfach die Liebe der Menschen, die uns von Tag eins an unterstützt haben. Als es dann Zeit wurde, auf die Bühne zu gehen, standen sie voll hinter uns. Wir haben wirklich Glück, eine so starke Support-Community zu haben“, versucht Bhadula die unvergleichliche Erfolgsgeschichte der Kombo zu umreißen.
Flagge zeigen – ohne Flagge
Diese fußt sicherlich nicht nur auf der richtigen Zeit und dem richtigen Ort. Bloodywood legen den Finger in die Wunde und bringen von Beginn an wichtige Messages mit, die sie in Tracks wie „Endurant“ (Mobbing) oder „Jee Veerey“ (Depressionen) besingen. Für Bhadula ein wichtiger Bestandteil von Bloodywood: „Wir glauben fest daran, dass Musik ein wichtiges Werkzeug ist, um Veränderung herbeizuführen. Durch sie können wir unsere reinsten Emotionen vermitteln und über Dinge sprechen, die uns am Herzen liegen.“
Eine wichtige Botschaft trägt Rapper Kerr übrigens auch bei sämtlichen Auftritten der Band und in den Musikvideos auf der Brust: sein „No Flag“-Shirt wird niemals daheim gelassen. Laut Jayant ist auch dies ein wichtiger Leitsatz für die Band, den man mit „Menschlichkeit vor Nationalität“ beschreiben kann: „Es geht darum Menschen zusammen zu bringen und etwas zu bewirken.“
Angekommen in der Neu-Delhi-Zeit
Nachdem die Band im Jahr 2022 ihr eigenständiges Debüt „Rakshak“ veröffentlicht, darf sich die Welt jetzt über die zweite Platte „Nu Delhi“ freuen, die mit Fearless Records nun auch unter Labelschirm erscheint. Bhadula sieht das als Fortschritt an, denn nun kann sich die Band noch mehr auf ihre Musik konzentrieren und müsse sich nicht mehr mit Papierkram herumschlagen.
In dem neuen Werk der Inder sieht er auch eine musikalische Weiterentwicklung mit vielen neuen, experimentellen Elementen in Kombination mit dem vertrauten Sound der Gruppe. Auf die Frage, ob sich die Jungs auch von anderen Bands beeinflussen lassen, antwortet der Musiker, dass er sogar weniger Metal höre, um den Sound von Bloodywood nicht zu verfälschen und möglichst authentisch zu halten.
Guter Metal geht durch den Magen
Und authentischer könnte es wohl kaum werden: „Nu Delhi“ sprießt nur so vor „Metal Tikka Masala“ – wie Jayant die Gewürzmischung ihres Musikstils scherzhaft bezeichnet. „Es ist unser Liebesbrief an die Stadt, in der wir aufgewachsen sind – ein Ort, der immer unser Zuhause sein wird, egal wo wir uns auf der Welt befinden. Gleichzeitig ist es eine Botschaft an die Welt, dass Neu Delhi jetzt auf der globalen Metal-Bühne angekommen ist – und dort bleibt“, erzählt er über den Titeltrack.
Auch „Tadka“ ist dicht angelehnt an ihre indischen Wurzeln, denn es ist ein Track – früher oder später musste es ja kommen – über indisches Essen. Mit viel Humor aber auch mit viel Leidenschaft berichten Bloodywood darin von der kulturellen Bedeutung ihrer Heimatspeisen und der Verbindung zu ihren Familien: „Es ist unser Dank an unsere Mütter und Betreuer, die für uns gekocht haben. Indisches Kochen ist wie Malerei – sehr detailreich, eine eigene Kunstform. Die Balance der Gewürze, die fließenden Currys – wir sind mit diesen Delikatessen aufgewachsen. Dieses Gefühl kennt jeder, egal wo auf der Welt – wenn man an das Essen seiner Mutter denkt, kann man sich mit diesem Song identifizieren.“
“Expect a Riot“
Bloodywood, die „jungen Leute mit Träumen in den Augen und dem Antrieb sie zu verwirklichen“, wie der Sänger das Trio beschreibt, sind aktuell wieder auf Europa-Tournee – es scheint ihnen hier wohl besonders gut zu gefallen. Ob sich die Venues im Westen von denen in Indien unterscheiden, verneint der Metalhead aber vehement: „Die Energie und Leidenschaft ist überall gleich – egal, wo wir sind, unsere Fans kommen zusammen, singen mit, springen, tanzen und moshen.“
Egal, ob es sich also um ein Konzert in ihrer Heimatstadt Neu Delhi, einen Festivalauftritt auf dem Wacken Open Air oder eine Clubshow im Backstage Werk in München handelt – Bloodywood geben weiterhin alles, um auf ihrer Metal Tikka Masala-Grundlage aufzubauen. Und sicherlich wird da auch noch einiges auf uns zu kommen. Oder wie es Jayant selbst sagt: „Viel neues Zeug, viel bekanntes Zeug – aber eins könnt ihr von uns immer erwarten: Einen absoluten ‚Riot‘!“
Foto: Bloodywood / Offizielles Pressebild
Latest News
Live-Dates
Feature