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Before The Hype: Hanabie. aus Japan und ihr „Harajuku-core”
Eine brachiale Wundertüte aus Übersee.
VON
Phuong Ly Dao
AM 11/10/2023
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- Minuten
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First things first: Diese japanische Metal-Kombo mit Babymetal zu vergleichen, nur weil hier ordentlich Frauenpower am Start ist, wird Hanabie. keinesfalls gerecht. Denn auch wenn sie sich mindestens ebenso kreativ dem Stereotyp des verniedlichten, vermeintlich „braven“ japanischen Mädchens entgegenstellen, bringen sie weitaus mehr mit als einen viralen TikTok-Hit.
Hanabie. bringen Gegensätze zusammen
Schließlich können nicht viele Bands von sich behaupten, ihr zweites Studioalbum über ein Sony Music-Sublabel herausgebracht oder Support-Slots für Größen wie Limp Bizkit und While She Sleeps im Kalender zu haben.
Doch was macht Hanabie. so besonders? Zum einen scheint es eine immense Faszination auszulösen, dass diese vier jungen Frauen in ausgefallenen Outfits Musik machen, die so nach vorne geht. Diesen polarisierenden Kontrast wissen sie sehr wohl für sich zu nutzen und tragen ihn prominent sowohl in ihrer musikalischen als auch visuellen DNA. Ihr LP- und Single-Artwork zeigt zuckersüße Manga-Girls in leuchtenden Farben. Ihren Sound bezeichnen sie selbst als „Harajuku-core“ – ein Begriff, der die sogenannte „Harajuku-Ästhetik“, die die ausdrucksstarken Fashionbewegungen wie Lolita, Visual Kei und Cosplay verkörpert, mit Metalcore verbindet. Die eindrucksvollen Bühnenkostüme werden teils sogar von Bassistin Hettsu höchstpersönlich angefertigt.
Und die Formel geht auf: Ihr Track „Pardon Me, I Have to Go Now“, in dem verspielte Clean-Vocals und traditionell japanische Zupfklänge auf aggressive Screams und treibende Riffs treffen, ging Anfang des Jahres viral. Das dazugehörige Musikvideo, in dem sie auf humorvolle Art die Arbeitskultur ihres Heimatlandes kritisieren, verzeichnet bis dato stolze 4,3 Millionen Views auf YouTube – Tendenz steigend. Ein Sprungbrett, das dem Quartett immense internationale Aufmerksamkeit verschaffte.
Ein selbstbewusster, einzigartiger Crossover-Mix
Vor allem jedoch sind es ihre facettenreiche Skillpalette und die experimentellen Ansätze, die diese Band aus Tokio auszeichnen. Denn was sich in ihrer 2018 veröffentlichten ersten EP „Cherry blossoms are blooming“ anbahnte, wurde in ihrem Debütalbum „Girl’s Reform Manifest“ von 2021 zu einem selbstbewussten und kohärenten Signature-Sound weiterentwickelt. Rasende Powerchords, verfeinert mit gezielten elektronischen Elementen und einer Vocal Range, die von unschuldigen Cleans über Nu-Metal Rap-Parts bis hin zu den dreckigsten Growls die volle Bandbreite bietet. Man könnte Parallelen zu Crossover-Acts wie Enter Shikari oder Crossfaith ziehen, wobei sie als persönliche Einflüsse Bands wie Maximum The Hormone, SiM und Coldrain nennen.
Ihre aktuelle LP „Reborn Superstar!“ erschien Ende Juli (hierzulande via Century Media) und pusht die Regler all dieser Elemente nochmal auf ein neues Level. Und das ganz und gar nicht gestriegelt oder hochpoliert, sondern vielmehr mit authentischer Freude am gemeinsam kreativ sein.
Keineswegs gecastet: Die Freundschaft hinter Hanabie.
Es überrascht daher nicht, dass der Großteil der Konstellation bereits seit 2015 besteht. Denn Yukina (Vocals), Matsuri (Gitarre + Vocals), Hettsu (Bass) und Ex-Drummerin Kaede lernten sich damals in der Mittelschule kennen, fanden durch ihre gemeinsame Begeisterung für Maximum The Hormone zueinander und gründeten im Alter von gerade mal 15 bzw. 16 Jahren Hanabie.. Der Name übrigens – „Hana“ steht für „Blume“ und „bie“ steht für „kalt“ – spielt darauf an, dass Yukina im Frühling Geburtstag hat, während die anderen im Winter geboren wurden. Auch der Punkt ist beabsichtigter Teil des Titels und angelehnt an eine weitere Band, die die jungen Frauen inspiriert hat.
Dieser ehrliche Draht zueinander, den die Gruppe auch heute noch – nun mit Drummerin Chika als neuestes Mitglied – ausstrahlt, liegt als Schleier über ihrer gesamten Diskografie. So treffen sie mit ihren Themen, die von Social Media-Abhängigkeit („Warning!“) über Hochsommer-FOMO („Be The Gal~Early Summer Ver.~“) bis hin zu den viele Facetten der Gaming-Kulur („NEET GAME“) reichen, mitten in den Nerv der aktuellen Generation.
It all comes together
Wer das Glück hatte und ein Ticket zu ihrer restlos ausverkauften EU-Tour im August ergattern konnte, konnte das Zusammenspiel all dieser oben genannten Aspekte live und in Farbe erleben: Vier Freundinnen in wundervoll bunten, aufwändigen Outfits, die eine knallharte und professionelle Metal-Performance an den Tag legen. Direkt, nachdem Yukina dem Publikum lächelnd ein Peace-Zeichen entgegenstreckt, reißt sie die Bühne mit einem gutturalen „Are you ready?!“ auseinander. Ihre Live-Energie ist ansteckend, ihre Gruppendynamik unglaublich sympathisch und ihre Musik tanzbares Moshpit-Material vom Feinsten.
Im November steht nicht umsonst noch ein ganz besonderer Full-Circle Moment für die Kombo an. Auf dem von Bring Me The Horizon veranstalteten Tagesfestival NEX_FEST in Tokio werden sie sich mit Acts wie Babymetal, Yungblud, I Prevail, selbstverständlich BMTH selbst und ihren Idolen Maximum The Hormone die Bühne teilen. Ein beachtenswerter Meilenstein, von denen in Zukunft ziemlich sicher noch so einige auf Hanabie. zukommen werden.
Foto: Kaori Uemura / Offizielles Pressebild
In unserer Serie „Before The Hype“ stellen wir euch regelmäßig die aktuell spannendsten Bands und Künstler:innen vor, die vielleicht noch nicht, aber sicherlich bald auch bei uns in aller Munde sein werden.
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