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Interview

Bad Religion „Trump und Biden interessieren mich nicht. Ich will die großen Themen in den Fokus rücken“

Bassist Jay Bentley im Talk beim Jera On Air.

VON AM 03/07/2024

Jay Bentley war 16, als er 1980 Bad Religion gründete – nichtsahnend, dass er Teil einer größten Punkrock-Bands der Geschichte werden würde. In den 44 Jahren seit der Gründung hat Bentley viel erlebt, viele Bands kommen und gehen sehen – und war selbst Anfang der 1980er-Jahre kurzzeitig nicht mehr der Teil der Band. Die diesjährige Sommertour der Band aus Los Angeles ist Bentleys erste als Sechzigjähriger. Diesen Fakt nimmt jedoch ziemlich gelassen hin. Das Touren mache ihm nach wie vor viel Spaß, wie er uns im Interview beim Jera On Air berichtet. „Für mich ist es eine gute Zeit. Ich fühle mich wohl. Ich kann Shows spielen, andere Länder und Städte bereisen. Mir ist bewusst, dass ich in einer sehr privilegierten Situation bin.“

Bad Religion: Nehmen und Geben

Bad Religion stehen auf vielen Festivalpostern weit oben. Ein Status, den sich die Band mit zahlreichen Alben und ständiger Präsenz in Europa redlich verdient haben. Das bedeutet aber keineswegs, dass man im Hause Bad Religion nicht immer noch interessiert an jungen und neuen Bands ist. Electric Callboy wird zwar nicht mehr Jay Bentleys Lieblingsband und auch mit Blink 182 und Sum 41 kann der Bassist wenig anfangen. Doch grundsätzlich sei es der Band sehr wichtig, andere Bands zu fördern und zu unterstützen.

Für Bad Religion bedeute dies schließlich auch ein Nehmen und Geben, wie Bentley erklärt. „Wir sind sehr dankbar, dass größere Bands uns damals mit auf Tour genommen haben. Das hat uns vieles ermöglicht. So wollen wir jetzt auch Bands auf diese Art und Weise unterstützen.“ Jay Bentley erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Bad Religion einst Queens Of The Stone Age als Supportband mitgenommen haben.

30 Jahre Brian Baker

Ist eine Band so lange im Geschäft wie Bad Religion, dann gibt es nahezu in jedem Jahr irgendein Jubiläum zu feiern. So auch 2024 – seit genau 30 Jahren ist Gitarrist Brian Baker Teil der Band. Auf diesen Umstand angesprochen kommt Bentley geradezu ins Schwärmen. Der ehemalige Minor Threat-Gitarrist – von vielen als einer der besten Gitarristen im Punkrock bezeichnet – sei ein riesiger Gewinn für Bad Religion gewesen. „Wir hatten damals zwei Gitarristen, Brett Gurewitz und Greg Hetson. Ich schätze Brett Gurewitz unheimlich. Er ist ein überragender Songwriter, aber eben nur ein durchschnittlicher Gitarrist. Dasselbe gilt für Greg Hetson. Es waren quasi zwei halbe Gitarristen. Und dann kam jemand wie Brian Baker dazu.“

Brett Gurewitz verließ seinerzeit übrigens Bad Religion, um sich ganz auf die Arbeit für sein Label Epitaph zu fokussieren und wurde erst 2002 wieder Teil der Band. Durch das Label lernte die Band damals auch Brian Baker kennen, wie Jay Bentley erzählt. Brian hat zu der Zeit in einer Band namens Dag Nasty, die bei Epitaph unter Vertrag war, gespielt. Da ist mir die Idee gekommen, dass Brian gut zu uns passen würde. Außerdem hat er eine Mitarbeiterin von Epitaph gedatet. Er hing also die ganze Zeit dort herum. So ist der Kontakt zustande gekommen.“ Ein Glücksfall der (Punkrock-)Geschichte.

Bad Religion: 5 Jahre „Age Of Unreason”

Dann gibt es noch ein Jubiläum für Bad Religion – 5 Jahre ist es inzwischen her, dass das letzte Album „Age Of Unreason“ veröffentlicht wurde. Im Rückblick ist Jay Bentley nach wie vor sehr zufrieden mit der Platte, die er noch immer zu den Top 5-Alben der Band zählen würde. Inhaltlich behandelt der Longplayer vor allem die Präsidentschaft von Donald Trump. Diese könnte sich schon sehr bald wiederholen – ein Szenario, das Jay Bentley Angst macht? „Ich habe keine Angst vor einem Präsidenten Trump. Es interessiert mich eigentlich nicht. Auch Joe Biden interessiert mich nicht wirklich. Ich will lieber die großen Themen in den Fokus rücken. Warum gibt es auf der Welt Hungersnöte? Warum gibt es Krieg in Gaza oder in der Ukraine?“

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Wären das nicht auch Themen für ein neues Bad Religion-Album? Ja, definitiv. Jay Bentley ist zwar nicht hauptverantwortlich für die Texte der Band, würde aber tatsächlich den Fokus eines möglichen neuen Albums auf diese großen, globalen Krisen richten. Doch wird es überhaupt ein neues Album geben? Die Frage kann und will Jay Bentley nicht beantworten. Eine Notwendigkeit für das dann 18. (!) Studioalbum der Band gebe es jedenfalls nicht. „Ich will ein neues Album nicht ausschließen. Aber wir müssen keins mehr machen. Wir haben eine riesige Diskographie und 380 Songs. Aber vielleicht machen wir noch einmal etwas neues.“

“Wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei.“

Wenn es also möglicherweise gar kein neues Album mehr gibt, steht dann das Ende der Band bevor? In dieser Hinsicht gibt es für Jay Bentley derzeit keinen Grund zur Sorge. Bad Religion haben weiterhin viel Spaß, touren gerne und die Bandmitglieder erfreuten sich bester Gesundheit. Den 50. Geburtstag der Band im Jahr 2030 will Bentley allerdings noch nicht konkret planen, wie er erklärt. „Ob wir bis dahin weitermachen, weiß ich nicht. Es kann sein. Vielleicht ist wohl die beste Antwort.“ Klar ist aber, dass es keinen groß zelebrierten Abschied wie bei NOFX geben würde. „Es ist eigentlich ein Geheimnis, aber ich erzähle es euch. Ich habe mit unserem Sänger Greg Graffin einen Deal. Wenn einer von uns sagt, dass es vorbei ist, dann ist es auch vorbei. Wir geben dann unser Ende bekannt und das wars. Keine große Abschiedstour und auch nichts anderes.“, erläutert Jay Bentley die Exit-Strategie der Band. Was bedeutet das für uns? Wir sollten jedes Bad Religion-Konzert in der Nähe mitnehmen – wer weiß, ob es das letzte ist. Aber auch unabhängig davon lohnt es sich aber nach wie vor, Bad Religion live zu erleben. Das zeigen die Shows der diesjährigen Tour wieder einmal sehr deutlich.

Beitragsbild im Auftrag von MoreCore.de: Nico Kearns (nico_kea)

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