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Interview
Annisokay: „Wenn wir zusammen auf der Bühne stehen, wissen wir, dass sich der Stress gelohnt hat.“
Die Band im Talk beim Jera On Air.
VON
Mauritz Hagemann
AM 14/07/2024
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- Minuten
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Annisokay haben in den letzten Jahren ganz bestimmt schon die ein oder andere stressige oder hektische Tour mitgemacht. Doch an das Jera On Air Festival wird sich die Band aus Halle (Saale) ganz sicher noch sehr lange erinnern. Gut, dass wir uns mit der Band zum Interview zusammengefunden haben, damit wir die Geschichte taufrisch festhalten konnten.
Das pure Chaos bei der Anreise
Eigentlich war die Show von Annisokay für den Samstagmittag geplant. Nicht der beste Slot des Festivals, doch als Metalcore-Band muss man sich auf einem Festival, dass sich vor allem dem Punkrock und Hardcore verschrieben hat, wohl damit zufriedengeben. Am Freitag war die Band noch auf einem Festival in Finnland unterwegs – das erste Mal überhaupt in Finnland und laut Gitarrist und Mastermind Christoph Wieczorek eine fantastische Erfahrung. Von der Festivalbühne ging es dann in Windeseile zum Flughafen, wo das Boarding in Rekordzeit absolviert wurde. Alles gut – bis hierhin. Bei der Landung in Amsterdam wollte Christoph Wieczorek eher beiläufig schauen, wo sich das Equipment der Band befindet. Dank der an den Cases angebrachten AirTags kein Problem. Sehr wohl ein Problem war dann aber der Standort der Cases – die wurden nämlich in Finnland vergessen. Für Annisokay fühlte es sich an wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ – denn schon vor einigen Wochen kam das Equipment der Band nicht hinterher.
Annisokay: Der Nachteil einer komplexen Produktion
Was tun? Erst einmal mit der Fluggesellschaft klären, dass das Gepäck so schnell wie möglich hinterher kommt. Und dann mit dem Festival besprechen, was nun zu tun ist. Wer Annisokay kennt, weiß, dass hinter den Shows der Band eine komplexe Produktion steckt. Mal eben so Gitarren und Amps leihen, funktioniert da nicht. Annisokay sind schon auf ihr eigenes Equipment angewiesen, wie Bassist Peter Leukhardt im Interview erläutert: „Die Leute vor der Bühne erwarten zurecht, dass wir unsere gewohnte Qualität abliefern. Sie wissen ja auch nicht, warum es sich bei uns ganz anders anhören würde, wenn wir mit fremdem Equipment unterwegs wären.“
Statt des Slots auf der großen Bühne am Samstag kam daher nur die Verschiebung auf den Sonntag infrage. Einerseits eine gute Lösung, andererseits aber auch nicht ganz einfach für die Band, wie Leukhardt erklärt. „Solche Geschichten hören sich natürlich auf den ersten Blick ganz lustig an. Aber die Leute vergessen dabei manchmal, was das für Extrakosten sind, die wir zu stemmen haben, wenn wir nur einen Tag länger als geplant unterwegs sind.“ Ein ehrlicher Einblick in den harten Touralltag, den auch größere Bands immer noch zu stemmen haben.
Auf der Bühne stellt sich die Sinnfrage nicht
Da stellt sich fast schon folgerichtig die Sinnfrage. Lohnt sich der ganze Stress überhaupt für eine halbe Stunde Show am Sonntagmittag. Christoph Wieczorek gibt zu, dass es in den letzten Jahren immer wieder Momente gab, in denen er sich gefragt, ob und wie lange er sich diesem Stress noch aussetzen. Die Corona-Jahre, allgemeine Preissteigerungen, andere Hörgewohnheiten – die Herausforderungen für Bands sind bekanntlich enorm. Doch für Wieczorek ist es immer noch die Show selbst, die für alles entschädigt. Gerade der Einstieg von Sänger Rudi Schwarzer habe ihn noch einmal eine ganz besonders motiviert. „Natürlich macht man sich Gedanken. Aber wenn wir zusammen auf der Bühne stehen, wissen wir, dass sich der Stress gelohnt hat. Gerade bei Rudi denke ich oft, dass ich gerne schon viel früher mit ihm zusammen Musik gemacht hätte.“
Die neue Macht der Singles
Apropos Musik: Annisokay haben uns bekanntlich im letzten Jahr mit dem ersten Teil ihrer EP „Abyss“ beglückt. Eine EP, die dann auch noch auf zwei Teile aufgesplittet wird. Muss das wirklich sein? Annisokay wissen, dass es gerade für die Old School-Fraktion ihrer Fans schöner wäre, direkt ein Album in den Händen zu halten. Aber gleichzeitig muss sich die Band auch den Regeln des Musikmarkts fügen, wie Christoph Wieczorek erklärt. „Wir mussten letztes Jahr einfach etwas neues rausbringen, hatten aber noch kein ganzes Album fertig. Also haben wir die Idee mit der EP entwickelt.“ Dass heutzutage ein viel größerer Fokus auf den einzelnen Singles liegt als auf einem Album, war für ihn dabei durchaus gewöhnungsbedürftig. „Jede Single, die wir releasen, muss einfach perfekt sein. Die einzelnen Singles bringen uns im Zweifel weiter als ein ganzes Album. Deshalb dauert es bei uns inzwischen aber auch länger, bis der Song für uns so gut ist, dass er releast werden kann.“ Für Peter Leukhardt sind alle Songs eines Albums, die nicht als Single veröffentlicht werden, nicht viel mehr als ein „Goodie für die Hardcore-Fans der Band“. „Die Songs arbeiten nicht für uns, sie bringen uns auch keine Reichweite. Aus künstlerischer Sicht ist es aber schade, weil ein Album natürlich auch immer ein Gesamtkunstwerk ist“.
Annisokay noch in diesem Jahr mit neuer Musik
Können wir denn bald neue Musik von Annisokay erwarten? Klare Antwort: Ja, auf jeden Fall noch in diesem Jahr. Der zweite Teil von „Abyss“ ist bereit, um auf die Außenwelt losgelassen zu werden. Die Band ist mit den Songs der zweiten Hälfte in jedem Fall sehr zufrieden. Einen Teil der Songs für die zweite Hälfte von „Abyss“ hatte die Band schon fertig, als Teil 1 veröffentlicht wurde. Einige Songs sind aber erst in den letzten Monaten entstanden. Die Reaktionen auf den ersten Teil, der im Herbst 2023 erschienen ist, haben dabei nach Aussage der Band keine große Rolle gespielt. Oder doch? So ganz einig ist sich die Band da nicht. „Wir richten uns beim Songwriting nicht danach, was andere über unsere Songs denken. Aber wahrscheinlich spielen die Reaktionen der Fans auf unsere Songs unterbewusst eine Rolle.“, fasst Sänger Rudi Schwarzer zusammen. Wir sind jedenfalls gespannt, was uns Annisokay in diesem Jahr noch an neuem Material servieren – und die Band ist sicher ebenso gespannt auf unsere Reaktionen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Nico Kearns (nico_kea)
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