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AlternativeEmoPop-Punk
Live bei: Mayday Parade „Anywhere But Here Session“ Livestream (05.12.2020)
Throwback to 2009.
VON
Mona Hufnagel
AM 15/12/2020
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Es ist Samstag Nacht, ich sitze eingemummelt in meine Decke, mit einem Glas Wein in der Hand auf dem Bett und ich gehe gleich auf ein Konzert. Ab Mitternacht deutscher Zeit streamen Mayday Parade ein volles Play-Through ihres zweiten Studioalbums „Anywhere But Here“ (2009). Die Karten für den Stream konnten online gekauft werden.
Als ich mich um 23:40 in den Stream einwähle, ist dort schon einiges los. Es gibt einen Chat für alle Teilnehmer, einen Discord-Channel und über den Stream laufen vereinzelt kleine Clips und Videos. Die meisten Zuschauer kommen aus den USA oder England, das europäische Festland scheint aber auch gut vertreten zu sein. Im Chat ist schon vor Beginn der Show viel los, was vor allem daran liegt, dass die einzelnen Band-Mitglieder ebenfalls mit chatten.
Mayday Parade nehmen uns mit zurück ins Jahr 2009
Fast pünktlich um kurz nach Mitternacht tut sich im Stream was, das Album-Cover wird angezeigt und die ersten Töne des Songs „Kids in Love“ erklingen. Ein schöner Song zum Einstieg. Der Sound ist gut, das Setting ist professionell.
Nach dem Song folgt eine Videosequenz, die als Ansage des nächsten Songs fungiert. „Anywhere But Here“, der Titelsong der Platte, folgt. Sänger Derek scheint ein wenig außer Atem, aber das nimmt ihm niemand übel. Es gab ja auch diesen Sommer keine Festivalsaison, wodurch seine Stimme vielleicht etwas aus der Übung ist. Mir gefällt besonders das Bühnensetting, wie gewohnt bei Mayday Parade-Konzerten liegt ein Teppich in der Mitte der Band, Derek hüpft barfuß durchs Geschehen.
Der dritte Song „The Silence“ folgt direkt im Anschluss, doch leider scheint die Video-Ansage nur eine einmalige Sache gewesen zu sein. Trotz der fehlenden Live-Interaktion gibt die Band ihr Bestes und legt eine power-geladene Performance aufs Parkett.
Durch Song Nr. 4 „Still Breathing“ und Song 5 „Bruised and Scarred“ spielt die Band relativ schnell; generell fehlt bei der Aufzeichnung ein wenig die persönliche Note. Im Chat fragen sich alle, was Derek an seinem Mikrofon-Ständer hat – es erinnert an eine Rolle Toilettenpapier. Da würden die deutschen Zuschauer sich natürlich drüber freuen.
Mittlerweile ist Dereks Stimme deutlich besser, sie bricht nicht mehr ab, er scheint sicherer und gefestigter zu sein in seiner Performance.
Weiter gehts mit „If You Can’t Live Without Me, Why Aren’t You Dead?“ Der Song geht richtig ab, die Band dreht voll auf. Im Chat singen und tanzen alle virtuell mit. Es ist ein schönes Gefühl von Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit.
Beim nächsten Song „Save Your Heart“ wird’s emotional. Die Band fühlt’s, die Zuschauer fühlen es auch. Die Bühne ist klassisch gehalten, das Licht ist unfassbar gut eingestellt, die Kameraführung ist einwandfrei. Die ganze Produktion ist wirklich ordentlich und hochwertig. Während ich dem Song zuhöre, denke ich darüber nach, dass ich mir so etwas gern öfter vor dem Einschlafen gönnen würde.
Für das Intro zum nächsten Song gibt es wieder einen kleinen Videoclip, man sieht eine Schreibmaschine und einen maskierten Typ. Dann erklingen im Hintergrund die ersten Töne von „Get Up“. Wir alle werden geweckt aus unserem emotionalen Gedankengang und quasi in den Moshpit geworfen. Das ist einfach ein Party-Song, ich schwelge in Erinnerung an ein Mayday Parade-Konzert 2011 in der Sputnikhalle in Münster. Dort hatten wir damals die grandiose Idee, zu den Zeilen „East coast, west coast…“ einfach nach links und rechts zu springen. Westen und Osten und so… Das waren noch Zeiten. Einfach nur schön!
Auf „Get up“ folgen Song 9 „Center of Attention“ und Song 10 „I Swear This Time I Mean It“ , genau der Songlist folgend, die das Album vorgibt, allerdings ändert sich hier das Setting ein wenig. Für den zehnten Song verlässt die Band die Bühne, man sieht nur Sänger Derek mit seiner Akustikgitarre angestrahlt im blauen Licht und es wird nochmal richtig gefühlvoll.
Nach diesem Song widmet sich Derek zum ersten und einzigen Mal direkt aus dem Konzert ans Publikum. Er spricht darüber, wie besonders dieser Stream für die Band ist, bedankt sich bei der Location und der Produktion und erwähnt, wie froh die Band ist, dieses Jahr noch für ihre Fans da sein zu können. Ich habe Gänsehaut überall und bin richtig ergriffen in dem Moment.
Es folgen die ersten Töne von Song Nr. 12 „The End“, dem letzten Song des Albums. Ich bin währenddessen auf der Suche nach einem Feuerzeug, das ich schwenken kann, das würde wunderbar in die Stimmungslage passen. Im Chat wird freuen sich alle über den Zusammenhalt und das schöne Erlebnis. Die Band ist wieder vollzählig auf der Bühne und gibt nochmal alles.
Eine echte Alternative zum „physischen“ Konzert?
Ich will noch nicht, dass es vorbei ist, ich wundere mich darüber, wie viel ich intuitiv noch mitsingen kann und stelle wieder mal fest, wie schön die Stimme von Derek ist und wie gut die einzelnen Bandmitglieder miteinander harmonieren.
Der Song wird im Chat zum Covid-Anthem erklärt, weil der Songtext einfach zu der momentanen Situation auf dieser Erde passt.
Erfreulicherweise spielt die Band offensichtlich sogar die Langversion des Albums, auf „The End“ folgt Song Nr. 13 „The Memory“. Sänger Derek hat jetzt statt der Akustikgitarre ein Keyboard vor sich. Es wird nochmal dramatisch und emotional.
Danach wird der wirklich letzte Song angekündigt, „So Far Away“ soll es sein, damit man sich nochmal laut und energiegeladen austoben kann. Es geht noch mal richtig ab, alle „shouten“ woaha whoaah mit, quasi wie der letzte Moshpit auf einer echten Show.
Dann läuft die Band aus dem Bild. Das wars. Es ist einige Augenblicke dunkel. Dann folgt ein etwa 10-mintütiges Interview, in welchem die Band das Jahr und das Konzert miteinander Revue passieren lassen. Sie erzählen etwas über die Entstehung des Albums und ihre „Gefühle“ gegenüber dem Longplayer. Für mich nicht mehr unbedingt notwendig, das Gespräch, zum Abschluss aber eine nette Idee.
Zusammenfassend für mich kann ich sagen: Nette Idee, wirklich gute Umsetzung. Mayday Parade ist und bleibt eine verdammt gute Band und geht mir einfach IMMER unter die Haut, aber nichts kann ein Konzertfeeling und Mitgefühl erzeugen wie eine Liveshow.
Beitragsbild: Mayday Parade „Anywhere But Here Session“ (05.12.2020)
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