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Live bei: Escalation Fest 2022 von Electric Callboy (13.08.2022)
Eine gelungene Premiere.
VON
Mauritz Hagemann
AM 19/08/2022
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Escalation Fest – das erste eigene Festival von Electric Callboy und dann auch noch in der nicht gerade kleinen Rudolf-Weber-Arena in Oberhausen.
Man kann sicher geteilter Meinung über die Musik von Electric Callboy sein. Die Trancecore-Band aus Castrop-Rauxel ist nicht für jede:n etwas. Außerdem sind Geschmäcker bekanntlich verschieden. Doch zumindest zwei Dinge muss man dem Sextett zugutehalten. Da ist zum einen ihr reflektierter Umgang mit ihrem alten und problematischen Namen und den doch mitunter grenzwertigen Lyrics der Anfangszeit. So viel Awareness zeigen längst nicht alle.
Zum anderen wäre da ihre akribische und stetige Arbeit, die sie dahin geführt hat, wo sie am vergangenen Samstag standen. Auf der Bühne der Rudolf-Weber-Arena in Oberhausen als Headliner ihres ersten eigenen Festivals, des Escalation Fests.
Der schon zu Beginn um 16 Uhr gut gefüllten und angesichts der Temperaturen angenehm klimatisierten Arena stehen knapp sechs Stunden Live-Musik von insgesamt sechs Acts bevor. In Sachen Festival-Feeling wäre übrigens durchaus ein wenig mehr möglich gewesen. Klar, niemand erwartet hier ein zweites Knotfest und allein die räumlichen Gegebenheiten schränken die Möglichkeiten massiv ein. Dennoch wäre ein Rahmenprogramm, welches über Merch- und Imbissstände hinausgeht, sicher eine nette Abwechselung gewesen. Aber gut, so steht beim Escalation Fest eben allein die Musik im Vordergrund.
Samurai Pizza Cats
Und die startet um Punkt 16 Uhr mit dem Herren von Samurai Pizza Cats. Das Side Project von EC-Gitarrist Daniel Haniß ist erst seit dem letzten Jahr aktiv. Die Band hat dementsprechend gerade einmal vier Singles veröffentlicht (ein Album ist allerdings in Arbeit). Doch man merkt der kleinen Supergroup aus Castrop-Rauxel nicht nur anhand der sympathischen Ruhrpott-Schnauze die Herkunft, sondern eben auch die viele Erfahrung (unter anderem Fall of Gaia), welche die Bandmitglieder mitbringen, an. Dafür, dass es erst Liveauftritt Nr. 2 ist, kommt die Band unglaublich souverän rüber. Selten hat ein Opener schon so viele Menschen in Bewegung setzen können.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
One Morning Left
Wenn der Opener überzeugen kann, wird es oft für Act Nr. 2 schwer, das Niveau zu halten. Und so ergeht es auch den Finnen von One Morning Left. Ihr energischer und schneller Metalcore hat eigentlich alles, um einen Circle Pit nach dem nächsten anzustacheln. So ganz möchte die Euphorie aber nicht von der Bühne in den Innenraum der Arena überschwappen. Das Cover von Michael Jacksons „Beat It“, das nicht so ganz ins Set passen will, macht die Angelegenheit nicht gerade leichter. So verlassen One Morning Left die Bühne, ohne einen allzu bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Any Given Day
Darum müssen sich Any Given Day keine Sorgen mehr machen. Die Herren um Fronter Dennis Diehl bespielen die Bühnen des Landes und insbesondere die im Umkreis ihrer Heimatstadt Gelsenkirchen seit inzwischen zehn Jahren so beständig, dass man kaum an ihn vorbeikommen kann. Das ist keineswegs negativ gemein. Die Wucht der Songs der Band ist nach wie vor beeindruckend. Und weil in 10 Jahren und nach drei Alben auch eine ganze Menge Songs zusammenkommen, gelingt es der Band beim Escalation Fest, ein äußerst vielseitiges Set auf die Beine zu stellen, wobei der Schwerpunkt auf dem 2019er-Album „Overpower“ liegt.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Annisokay
Was für Any Given Day gilt, kann man größtenteils auch auf Annisokay übertragen. Die Band aus Halle und Leipzig spielt seit Jahren – trotz zwischenzeitlichem Sängerwechsel – so beständig, dass man sich ihnen und ihrer Musik kaum entziehen kann. Das auch optisch eindrucksvoll inszenierte Set macht schon Laune. Außerdem kommt der Band zugute, dass ihr Metalcore-Sound insgesamt doch noch etwas mainstream-tauglicher ist als der von Any Given Day. Das Publikum, das zu großen Teilen eben kein typisches „Szene-Publikum“ ist, dankt es ihnen mit reichlich Action vor der Bühne.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
257ers
Im Anschluss folgt wohl der größte Stilbruch des Abends. Die 257ers aus 45257 Essen-Kupferdreh wagen es, das Metalcore-Gewitter etwa eine Stunde zur besten Prime Time direkt vor dem Headliner zu unterbrechen. Doch auch hier zeigt sich, dass Electric Callboy das Szene-Etikett längst abgelegt haben. Bei einer reinen Metalcore-Show würde das Hip-Hop-Duo wohl im besten Fall völlig ignoriert werden. Beim Escalation Fest ist die Begeisterung zwar auch nicht durchweg grenzenlos. Doch viele Besucher:innen scheinen froh über die Abwechselung zu sein. Und wem es gar nicht gefällt, der nutzt die Pause eben, um an der frischen Luft durchzuatmen. Wer im Inneren der Arena geblieben ist, bekommt aber eine äußerst kurzweilige Show geboten, die gerade bei den Radiohits „Holland“ und „Holz“ von ihrem Erfolgsalbum „Mikrokosmos“ ihren Höhepunkt erreicht.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Electric Callboy
Dennoch steht der absolute Höhepunkt des Escalation Fests 2022 natürlich erst noch bevor. Und als es gegen 21 Uhr langsam beginnt, ernst zu werden, ist in der gesamten Halle die Vorfreude spürbar. Standesgemäß beginnen Electric Callboy ihr Set mit „Pump It“. Auch in der Folgezeit hält die Band Tempo und Stimmung hoch. Zwar kam der Hype um die Band keineswegs über Nacht kam, sondern eher einem stetigen Aufstieg folgend. Dennoch ist es schon beeindruckend zu sehen, wie sich die Energie und die Leidenschaft von der Bühne auf den Innenraum und die Ränge überträgt und von dort zurück zur Bühne geht.
Fotos im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
Trotz aller Partystimmung bleibt auch Zeit und Raum, um einmal innezuhalten. Und so dankt die Band nicht nur einmal dem Publikum und allen, die diese größte Headline-Show und das erste bandeigene Festival der Bandgeschichte möglich gemacht haben. Dass sicher auch der Einstieg von Sänger Nico Sallach einen großen Anteil am rasanten Aufstieg innerhalb der letzten beiden Jahr hat, wird am Samstag wieder einmal überdeutlich: Ja, es wird Fans geben, die den alten Zeiten mit Sebastian „Sushi“ Biesler hinterher trauern. Doch dass Electric Callboy mit Nico Sallach musikalisch ein anderes Level erreicht haben und vielseitiger geworden sind, ist nicht zu bestreiten.
Escalation Fest 2022: Eine gelungene Premiere
Als die Band dann nach dem letzten Song „We Got The Moves“ gegen 22.30 Uhr die Bühne endgültig verlässt, ist sicher der ein oder die andere traurig, dass es nicht noch ein paar Minuten länger ging. Doch 80 Minuten Vollgas reichen am Ende eines langen Tages vollkommen aus, um zu beweisen, dass Electric Callboy im Jahr 2022 in der Lage sind, mit ihrem eigenen Festival die Arena in Oberhausen zu füllen. Wer hätte das gedacht, als sich die Band 2010 in Castrop-Rauxel gründete. Übrigens: Die nächsten Escalation Fests können gerne hier und da noch mehr Festivalelemente enthalten. Aber von diesem Schnickschnack abgesehen war das schon eine ziemlich gute Premiere!
Foto im Auftrag von MoreCore.de: Pia Böhl (piaboehl)
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